JudikaturOGH

11Os63/10i – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juni 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juni 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Spreitzer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl W***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Karl W***** sowie die Berufungen des Angeklagten Dipl. Ing. Hans Peter M***** und der Privatbeteiligten S***** GmbH gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 20. Jänner 2010, GZ 12 Hv 150/09s 56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Karl W***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe :

Mit dem angefochtenen Urteil das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche mitangeklagter Personen enthält wurde Karl W***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB (I) und des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach §§ 159 Abs 1, Abs 5 Z 3, 161 Abs 1 StGB (III 2) schuldig erkannt.

Danach hat er in Krottendorf und Voitsberg

I. von Jänner 2006 bis August 2007 Bestandteile seines Vermögens verheimlicht, indem er Gehälter für seine Geschäftsführertätigkeit in der P***** GmbH (richtig: L***** GmbH, ab 5. Juli 2007 W***** GmbH US 14) teilweise nicht offiziell, sondern über Entnahmen der Michaela L***** als ihr angeblich zustehende Geschäftsführergehälter bezog, sodass diese Einkünfte in der Buchhaltung und damit für Außenstehende nicht ersichtlich waren, wodurch unter Berücksichtigung von Zahlungen im Schuldenregulierungsverfahren zum AZ 8 S 13/06v des Bezirksgerichts Voitsberg in Höhe von 15.870 Euro die Befriedigung seiner Gläubiger „oder wenigstens eines von ihnen“ in einem Betrag von 30.372,62 Euro geschmälert wurde;

II. ...

III. grob fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit der P***** GmbH (richtig: L***** GmbH, ab 5. Juli 2007 W***** GmbH US 14 f) dadurch herbeigeführt, dass entgegen den Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens durch Entnahmen überhöhter Geschäftsführergehälter übermäßiger, mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der GmbH in auffallendem Widerspruch stehender Aufwand betrieben wurde, und zwar

1. ...

2. von Jänner 2006 bis 21. Dezember 2007 durch Beziehen von Geschäftsführergehältern von insgesamt 97.450 Euro.

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl W***** aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 [lit a] und 11 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 4) deren einleitende Ausführungen zum Lebenslauf des Angeklagten einen Zweckbezug nicht erkennen lassen bekämpft die Abweisung (ON 55 S 29) des Antrags „auf Einvernahme der Zeugin Maria G*****, ..., zum Beweise dafür, dass Michaela L***** dem Angeklagten Karl W***** privat finanzielle Unterstützungszahlungen zur Erledigung seines Schuldenregulierungsverfahrens gewährt hat, dies zu den vom Angeklagten im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens angegebenen Konditionen; dies ist deshalb von Relevanz, als sich daraus ergeben wird, dass der Angeklagte Karl W***** seine Gläubiger im Schuldenregulierungsverfahren nicht geschädigt hat, da er abzüglich seiner Lebenshaltungskosten nur den in seinem Schuldenregulierungsverfahren angegebenen Betrag zur Verfügung hatte zur Gläubigerbefriedigung“ (ON 55 S 27 f).

Ein Vorbringen im Sinne von § 55 Abs 1 letzter Satz StPO fehlte diesem Begehren (vgl RIS Justiz RS0099453; RS0099189). Es wäre im Gegenstand wie bereits das Erstgericht zutreffend ausführte (ON 55 S 29) um so mehr erforderlich gewesen, als der Angeklagte selbst deponiert hatte, die Zeugin habe Wissen zu der inkriminierten finanziellen Unterstützung nicht aus eigener Wahrnehmung, sondern nur aufgrund von Informationen durch ihn und Michaela L***** und werde bestätigen, dass das ihm zugewendete Geld aus den Mitteln des Unternehmens stamme (ON 55 S 16 f) genau dies wurde als Kern des Schuldvorwurfs festgestellt (US 16 ff).

Dass sich die Tatrichter auf die im Sachverständigengutachten verwerteten Angaben der Mitangeklagten Michaela L***** stützten, ist der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) entgegen die in ihrer Kritik daran überdies einen Bezug zu entscheidenden Tatsachen vermissen lässt den US 26 f zu entnehmen. Soweit der Beschwerdeführer seiner Verantwortung im Erkenntnisverfahren, er habe stets an ein Privatdarlehen durch Michaela L***** geglaubt, mit Hinweisen auf die Motivationslage der Genannten und seine intellektuelle Überforderung sowie „untergeordnete Rolle“ in der Gesellschaft zum Durchbruch verhelfen will, verliert er sich in eine Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer nur im Einzelrichterverfahren normierten Berufung wegen Schuld.

Nicht zu übersehen ist überdies in diesem Zusammenhang, dass der Angeklagte selbst deponiert hatte, das Geld für ihn sei anders als vorher in Rede stehend aus privaten Quellen aus dem Unternehmen gekommen (ON 55 S 17).

Der in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisste, „die wesentlichen Tatbildmerkmale“ erfassende Vorsatz wurde in US 16 ff festgestellt. Die Spekulation, „ob die Gläubiger des Erstangeklagten den im Verfahren AZ 8 S 13/06v des Bezirksgerichts Voitsberg angenommenen Zahlungsplan nicht ohnehin angenommen hätten, sodass durch die feststellungsgemäßen inoffiziellen Zahlungen keine Schmälerung der Gläubigerbefriedigung stattgefunden hat“, entbehrt der gesetzesbezogenen Ableitung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen oder eines Feststellungsmangels und ist somit meritorischer Erwiderung nicht zugänglich.

Auch die Rechtsrüge zum Schuldspruch III 2 fußt nicht wie bei prozessordnungsgemäßer Darstellung materiellrechtlicher Nichtigkeit allerdings gesetzlich gefordert auf dem Tatsachensubstrat der angefochtenen Entscheidung, indem die in US 19 ff (vor allem US 22) angenommenen, auf die durchgehend Verluste bewirkende Wirtschaftstätigkeit gegründete Vorhersehbarkeit der Zahlungsunfähigkeit negiert wird. Neuerlich gelingt es dem Rechtsmittelwerber nicht, die Tatbestandsrelevanz seines Hinweises, er sei „zum Zeitpunkt, als er die Zahlungsunfähigkeit der W***** GmbH erkannte, seiner Warnpflicht als Geschäftsführer nachgekommen“ und habe „ausdrücklich auf die drohende Insolvenz hingewiesen“, aus dem Gesetz zu deduzieren.

Die Strafzumessungsrüge (Z 11) erstattet mit der Kritik an der erstrichterlichen Begründung für die Nichtannahme des Milderungsgrundes nach § 34 Abs 1 Z 2 StGB mit dem „in unternehmerischer Sicht ... belastenden Vorleben ... weil er schon früher Unternehmen in die Insolvenz geführt hatte ... und ... gegen ihn zahlreiche Exekutionen anhängig ... waren“ (US 39, vgl zur Tatsachenbasis US 11) lediglich ein Berufungsvorbringen ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 728), das im Übrigen außer Acht lässt, dass die in § 34 Abs 1 Z 2 StGB genannten Umstände kumulativ vorzuliegen haben und der Widerspruch der Tat zum sonstigen Verhalten auffallend sein muss (vgl Leukauf/Steininger Kommentar³ § 34 RN 6 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Entscheidungskompetenz des Oberlandesgerichts zur Behandlung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise