JudikaturOGH

11Os46/10i – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bayer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Danut P***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 3. Dezember 2009, GZ 16 Hv 121/09f-68, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen einen Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe :

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Danut P***** der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 erster Fall StGB, des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I. 1.), des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I. 2.), und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1, Z 3, 15 StGB (IV. 1. und 2.) sowie der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (I. 3.), der sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren nach § 208 Abs 1 StGB (I. 4.), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II.), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (III.) und des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB (V.) schuldig erkannt.

Danach hat er

I. beginnend ab einem nicht näher eruierbaren Zeitpunkt zwischen 1998 und Ende 2001 bis Februar 2008 in Graz

1. mit seiner am 18. Oktober 1994 geborenen, somit im Tatzeitraum unmündigen Tochter Daniela P***** in mehrfachen Angriffen dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen vorgenommen, indem er jeweils mit dem Finger in ihre Scheide eindrang und ihn hin und her bewegte, zusätzlich sie manchmal auch an der Scheide leckte, sie mit der Hand an der nackten Scheide berührte und seinen Penis an ihrer nackten Scheide sowie ihren Beinen rieb, wobei die Taten eine an sich schwere Körperverletzung der Daniela P*****, nämlich eine (in US 9 näher beschriebene) posttraumatishe Belastungsstörung zur Folge hatten,

2. geschlechtliche Handlungen an seiner im Tatzeitraum unmündigen Tochter Daniela P***** vorgenommen, indem er sie in einem Angriff im Badezimmer auf allen Vieren auf den Fliesenboden drückte, sich hinter sie hin kniete und mit seinem Penis zwischen ihren Beinen im Bereich der Scheide Vor- und Rückwärtsbewegungen machte, und geschlechtliche Handlungen von Daniela P***** an sich vornehmen lassen, indem er in zwei Angriffen ihre Hand zu seinem Penis führte, seine Hand auf ihre Hand legte und damit Vor- und Rückwärtsbewegungen machte,

3. durch die zu Punkt I. 1. und 2. geschilderten Handlungen mit einer mit ihm in absteigender Linie verwandten, minderjährigen Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen bzw von ihr an sich vornehmen lassen,

4. Handlungen, die geeignet sind, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen zu gefährden, vor unmündigen Personen vorgenommen, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen, indem er in Gegenwart seiner im Tatzeitraum unmündigen Tochter Daniela P***** mehrmals und in Gegenwart seines am 16. August 1998 geborenen unmündigen Sohnes Sebastian P***** zumindest einmal masturbierte,

II. von 1995 bis Februar 2009 in Weinitzen, Graz und Rosental seine Ehefrau Marica P***** in mehrfachen Angriffen durch Schläge mit der Faust gegen die Schulter, die Arme, den Oberkörper und das Gesicht sowie Tritte mit dem Knie gegen den Oberkörper vorsätzlich am Körper verletzt (Hämatome an der Schulter, den Armen, am Oberkörper und im Gesicht),

III. von 1998 bis Februar 2009 in Graz und Rosental in mehrfachen Angriffen seine Ehefrau Marica P***** durch die Äußerung, er würde sie alle (gemeint sie und ihre Familie) umbringen, mit dem Tod (auch von Sympathiepersonen) gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen,

IV. zu nachgenannten Zeiten nachgenannte Personen durch gefährliche Drohung mit dem Tod (auch von Sympathiepersonen) zu Unterlassungen teils genötigt, teils zu nötigen versucht, und zwar

1. ab einem nicht näher eruierbaren Zeitpunkt zwischen 1998 und Ende 2001 bis Februar 2008 in Graz in mehrfachen Angriffen seine Tochter Daniela P***** durch die Aussage, er würde sie (gemeint sie und ihre Familie) umbringen, wenn sie etwas erzähle, zur Unterlassung des Weitererzählens der zu den Punkten I. 1. bis 4. geschilderten Handlungen, wodurch besonders wichtige Interessen der Daniela P*****, nämlich die Beendigung ihres Martyriums „bzw das Aufkommen der Taten ihres Vaters“, verletzt wurden bzw werden sollten,

2. von Herbst 2006 bis Februar 2009 in Graz und Rosental in mehrfachen Angriffen seine Ehefrau Marica P***** durch die Äußerung, er würde sie alle (gemeint sie und ihre Familie) umbringen, wenn sie ihn verlässt, zur Unterlassung der Trennung von ihm, wodurch besonders wichtige Interessen Marica P*****s, nämlich die freie Entscheidung über das Aufrechterhalten einer Beziehung bzw Ehe verletzt wurden bzw werden sollten,

V. von 2001 bis Februar 2009 in Graz und Rosental seinem Sohn Sebastian P*****, somit einer Person, die seiner Fürsorge unterstand, körperliche und seelische Qualen zugefügt, indem er ihn in mehrfachen Angriffen Schläge mit der flachen Hand in das Gesicht, auf den Oberschenkel und mit dem Gürtel gegen seinen Rücken sowie Fußtritte versetzte (Hämatome im Gesicht, am Oberschenkel und Striemen am Rücken).

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge remonstriert gegen die Abweisung des Antrags in der Hauptverhandlung (ON 67 S 12 f) auf „Einvernahme von Corinna P*****, Petru P*****, Ciprian P*****, Nataliya P*****, Dumitri S*****, Irina T***** und Marija P*****, jeweils zum Beweise dafür, dass zu den vermutlichen Tatzeitpunkten betreffend die Handlungen gegenüber der minderjährigen Daniela P***** in Österreich, sich der Angeklagte gar nicht in Österreich sondern in Rumänien befunden hat bzw sofern die minderjährige Daniela P***** den Angeklagten in Rumänien begleitet hat, keine dem Angeklagten zur Last gelegten Handlungen gesetzt wurden“. Über Befragen ergänzte der Angeklagte dazu, „die ganze Ortschaft und eben diese Zeugen wissen, dass ich von 2003 bis 2006 immer jeden Tag in diesem Ort und zwar in Latsor und Satu Mare war“ (ON 67 S 13) - vorher (ON 67 S 6) hatte er seine Abwesenheiten aus Österreich allerdings in die Zeit zwischen 1998 und 2003 verlegt.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider ist die Abweisung dieses Beweisantrags (ON 67 S 13 f) nicht zu beanstanden.

Der Anklagevorwurf hinsichtlich der strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (ON 52) bezog sich auf einen mehrjährigen Tatzeitraum ohne nähere datumsmäßige Eingrenzungen. Der Beweisantrag legt nicht dar (und ist dies fallaktuell in keiner Weise ersichtlich), aus welchem Grund die angeführten Zeugen dem Angeklagten „zu den vermutlichen Tatzeitpunkten“ den Aufenthalt in Rumänien zu bestätigen im Stande sein könnten. Noch weniger wird aus dem Antrag klar, weshalb die Zeugen in Rumänien Wahrnehmungen über Geschehnisse in Österreich hätten machen können. Angriffe in Rumänien waren indes (weil nicht der österreichischen Strafgerichtsbarkeit unterliegend) nicht verfahrensgegenständlich.

Im Übrigen ging das Schöffengericht ohnedies für den Zeitraum zwischen 1998 und 2006 von vorwiegenden Aufenthalten des Beschwerdeführers in Rumänien und Italien aus (US 6, 13) und nahm an, dass sich die zwanzig bis dreißig sexuellen Angriffe in Österreich dann ereigneten, wenn der Angeklagte (teils illegal) im Inland war (US 6, 8).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der (implizierten) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise