JudikaturOGH

15Os189/09x – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Februar 2010

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solè und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Strohmayer als Schriftführer in der Strafsache gegen Mehmet A***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des genannten Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 16. Oktober 2009, GZ 12 Hv 200/08w 74, sowie über dessen Beschwerde gegen den Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe :

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mehmet A***** im zweiten Rechtsgang des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er in Braunau am Inn und Mattighofen vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25 fache der Grenzmenge übersteigenden Menge einem anderen überlassen, indem er in der Zeit von 20. bis zum 28. November 2008 insgesamt 40 Gramm Heroin und am 2. Dezember 2008 ca. 856,1 Gramm Heroin (netto) an Ivo P***** zum Zweck des kommissionsweisen Weiterverkaufs übergab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A*****; sie schlägt fehl.

Die Verfahrensrüge nach Z 3 orientiert sich mit dem aktenfremden Einwand, der Schuldspruch führe Schwanenstadt und Vöcklabruck als Tatorte an, nicht am gegenständlich bekämpften Urteil (ON 74, S 1).

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat das Schöffengericht im Rahmen seiner die Feststellung entscheidender Tatsachen begründenden Erwägungen keineswegs erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse unberücksichtigt gelassen bzw. „Widersprüche in den Aussagen des Erstbeschuldigten (P*****) nicht gewürdigt bzw. die seinen Feststellungen widerstreitenden Beweisergebnisse nicht erörtert". Vielmehr wurden die von der Beschwerde aufgezeigten Widersprüche in den verschiedenen Aussagen des abgesondert verurteilten Ivo P***** im Urteil gewürdigt: Die divergierenden Angaben zur Geschäftsanbahnung im Krankenhaus Braunau oder im Casino in Simbach (ON 7, S 15 gegenüber ON 36, S 5) wurden vom Schöffengericht ebenso berücksichtigt wie jene zum Übergabeort des Heroins in der Waschanlage (ON 7, S 17) oder am Marktplatz (ON 36, S 7), wobei das Erstgericht letzteren Widerspruch ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungen auf einen Protokollierungsfehler angesichts der „semantischen" (ersichtlich gemeint: phonetischen) Ähnlichkeit von Wasch- und Marktplatz zurückführen durfte (US 8).

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen hat sich das Erstgericht auch mit den Berichten des eingesetzten verdeckten Ermittlers auseinander gesetzt und damit befasst, dass eine „intendierte sofortige Geschäftsabwicklung keinesfalls gleichbedeutend mit einer sofortigen Übergabe von Drogen" sein muss (US 9). Dass aus (formell einwandfrei) ermittelten Prämissen auch für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich wären, sich die Erkenntnisrichter aber dennoch für die dem Angeklagten ungünstigeren entschieden haben, ist ein Ausfluss der freien Beweiswürdigung und kann demnach mit Mängelrüge nicht bekämpft werden (RIS Justiz RS0114524).

Mit der Kritik, das Erstgericht habe unbeachtet gelassen, dass bei einer Hausdurchsuchung beim Angeklagten keine Suchtmittel gefunden wurden, spricht die Nichtigkeitsbeschwerde keinen den Ausspruch über die Schuld oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidenden Umstand an. Mit dem Einwand, der Beschwerdeführer hätte aufgrund eines bereits eröffneten Schuldenregulierungsverfahrens den Ankauf einer großen Menge Heroin nicht finanzieren können, macht die Beschwerde keinen Begründungsmangel geltend, sondern kritisiert die Beweiswürdigung.

Auch mit der Behauptung, die belastenden Aussagen P*****s würden angesichts der Widersprüche keine taugliche Grundlage für einen Schuldspruch abgeben, bekämpft die Beschwerde lediglich unter isolierter Betrachtung einzelner dem Angeklagten günstig scheinender Verfahrensergebnisse und Anstellen eigener Beweiserwägungen die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Diese haben - dem Gebot der gedrängten Darstellung der Urteilsgründe gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO folgend ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 428) - im Einklang mit den Kriterien logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungen mängelfrei begründet dargelegt, warum sie den den Angeklagten belastenden Verfahrensergebnissen gefolgt sind und seine leugnende Verantwortung als widerlegt erachtet haben.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem bloßen Verweis auf die Ausführungen zur Mängelrüge keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung und die (implizierte) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Dabei wird zu beachten sein, dass die Verlängerung der Probezeit hinsichtlich der vom Bezirksgericht Braunau mit Urteil vom 30. November 2005, AZ 1 U 375/05z, bedingt (jedoch in der Folge am 30. Dezember 2008 endgültig, s ON 24 in jenem sowie ON 62 im verfahrensgegenständlichen Akt) nachgesehenen Freiheitsstrafe rechtsfehlerhaft erfolgt ist.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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