12Os5/10t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Jauk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Queen K***** wegen der Verbrechen des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 1 zweiter Strafsatz, Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. November 2009, GZ 031 Hv 116/09t-99, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung (wegen Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Queen K***** des (hinsichtlich mehrerer Personen begangenen, somit mehrfach verwirklichten) Verbrechens des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie im Jahre 2008 bis Anfang 2009 in Wien gewerbsmäßig dadurch, dass sie die aus Nigeria stammenden Bose O*****, Loveth Om*****, Happiness I*****, Kate Ok***** und Linda Ob***** durch das Versprechen, sie werde ihnen eine ordentliche Arbeit in Österreich beschaffen, wobei sie sie aber tatsächlich umgehend der Prostitution zuführte, nach Österreich gelockt, sohin Personen mit dem Vorsatz, dass sie in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, der Prostitution nachgehen, durch Täuschung über dieses Vorhaben dazu verleitet, sich in einen anderen Staat zu begeben.
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO.
Rechtliche Beurteilung
Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) verkennt zunächst grundsätzlich, dass der Beweisgrundsatz des § 14 StPO (Art 6 Abs 2 MRK) im Nichtigkeitsverfahren nicht releviert werden kann (RIS-Justiz RS0102162; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 454).
Der persönliche Eindruck des Gerichts von einer vernommenen Person lässt sich nicht erschöpfend in Worte kleiden und muss darum im Urteil nicht in allen Einzelheiten dargelegt und wiedergegeben werden (RIS-Justiz RS0099413; Danek, WK-StPO § 270 Rz 39). Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher ist der Anfechtung mit Mängelrüge überhaupt entzogen (RIS-Justiz RS0106588; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431). Der Einwand mangelnder Begründung der Mittäterschaft der Beschwerdeführerin in den Fakten I*****, Ok***** und Ob***** übergeht die aus der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370, RS0116504; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394) ersichtlichen Erwägungen zum arbeitsteiligen Vorgehen der Angeklagten und ihrer Mittäter (US 4, 9, 11 bis 14).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) fehlender Feststellungen der Mittäterschaft der Rechtsmittelwerberin in den gerade angesprochenen Fällen lässt die darauf abzielenden Annahmen US 9 f außer Acht und entzieht sich somit meritorischer Erwiderung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenso wie die in den Verfahrensgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehene (angemeldete - ON 102) Berufung wegen Schuld bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1; §§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Anzumerken bleibt, dass sich der Rechtssatz RIS-Justiz RS0095557 (ÖJZ-LSK 1977/249), wonach Abs 1 des § 217 StGB durch eine Abs 2 dieser Gesetzesstelle unterfallende strafbare Handlung (im Sinne einer „nachbestraften Vortat") verdrängt wird, nach dem Inhalt des zugrundeliegenden Erkenntnisses 10 Os 36/77 lediglich auf die Verwirklichung des Grundtatbestands des § 217 Abs 1 StGB bezieht, nicht aber auf dessen Qualifikationsfall der - im Gegenstand vorliegenden - gewerbsmäßigen Begehung: bei einer solchen Konstellation konkurrieren die strafbaren Handlungen nach § 217 Abs 1 und Abs 2 StGB echt, weil die dogmatisch allein in Betracht zu ziehende Konsumtion wegen des durch gewerbsmäßiges Handeln deutlich erhöhten Unrechtsgehalts der Tathandlungen nach § 217 Abs 1 StGB ausscheidet (EvBl 1989/177; RIS-Justiz RS0090880).