JudikaturOGH

11Os191/09m – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Dezember 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Dezember 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kleibel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Osman C***** wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staaatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 15. Juni 2009, GZ 37 Hv 24/09b-28, und über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Unterbleiben einer Beschlussfasung gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Osman C***** des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und Z 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit von 14. März bis 13. November 2008 in Innsbruck in wiederholten Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wobei er die Erpressung eine längere Zeit hindurch fortsetzte (US 5), Sebastian S***** durch die Äußerung, er werde Kollegen rufen, die diesen zusammenschlagen würden, wenn er ihm nicht Bargeld aushändige, sohin durch gefährliche Drohung längere Zeit hindurch zu Handlungen, die diesen am Vermögen schädigten, nämlich zur wiederholten Übergabe von Geldbeträgen im Gesamtausmaß von 31.645 Euro genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Der Angeklagte übersieht bei deren Ausführung, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, sämtliche Verfahrensergebnisse zu erörtern oder sich mit allen denkbaren Schlussfolgerungen aus den Beweisresultaten auseinanderzusetzen. Es ist demgegenüber gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO verpflichtet, die schriftliche Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung abzufassen und darin mit Bestimmtheit anzugeben, welche Tatsachen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen wurden und aus welchen Gründen dies geschah, ohne dagegen sprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen (RIS-Justiz RS0106642 uva; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394).

Dass aus einwandfreien Prämissen auch für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen möglich wären, die Erkenntnisrichter sich aber dennoch für eine für ihn ungünstigere Variante entschieden haben, ist als Akt freier Beweiswürdigung mit Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) nicht bekämpfbar (RIS-Justiz RS0098400). Unter Nichtigkeitsdrohung stehende Begründungspflicht besteht weiters ausschließlich für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen, sohin solche, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluss haben (RIS-Justiz RS0099497 uva). Indem der Angeklagte aber bloß auf vor dem gegenständlichen Zeitraum getätigte Abhebungen des Opfers von seinem Konto sowie darauf verweist, das Erstgericht hätte „nicht näher ausgeführt, wann und wo es zu den einzelnen Geldübergaben gekommen ist" (der Sache nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO), überschreitet er die Grenzen zur im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung und spricht überdies keine entscheidungswesentlichen Tatsachen an. Die genaue Begehungszeit gehört wie der Tatort nämlich nicht zu den wesentlichen, die Identität einer Tat bestimmenden Merkmalen, wenn - wie hier - nicht zweifelhaft ist, dass Anklage und Urteil dasselbe Tun erfassen (RIS-Justiz RS0098557; Lendl, WK-StPO § 260 Rz 14). Im Wesentlichen auf die eigene leugnende Verantwortung gestützt und mit spekulativen Überlegungen zur Herkunft der auf dem Konto des Sebastian S***** erliegenden Geldbeträge sowie zu dessen möglichem erhöhtem finanziellen Bedarf und damit verknüpften Belastungen wird ebenfalls lediglich die erstrichterliche Beweiswürdigung bekämpft, ohne formale Begründungsmängel aufzuzeigen (RIS-Justiz RS0099455). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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