JudikaturOGH

11Os177/09b – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Dezember 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Dezember 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kleibel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gino B***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil und den Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 6. Dezember 2007, GZ 2 U 40/07f-6, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner zu Recht erkannt:

Spruch

Im Verfahren AZ 2 U 40/07f des Bezirksgerichts Villach verletzen das Gesetz

1. das Urteil vom 6. Dezember 2007, GZ 2 U 40/07f-6, in den Bestimmungen der §§ 35 Abs 1 iVm 37 SMG aF sowie

2. der Beschluss vom selben Tag, mit dem „das sichergestellte Suchtgift eingezogen" wurde, in der Bestimmung des § 443 Abs 1 StPO. Dieses Urteil und der damit verbundene Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO werden aufgehoben. Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Villach verwiesen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 6. Dezember 2007, GZ 2 U 40/07f-6, wurde Gino B***** des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG (erster und zweiter Fall) SMG aF schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er in der Zeit von April 2006 bis 23. Juli 2007 in Velden am Wörthersee und anderen Orten „den bestehenden Vorschriften zuwider mehrmals Cannabisprodukte, mithin ein Suchtgift, erworben und besessen" hatte. Mit einem zugleich gefassten Beschluss wurde eine Probezeitverlängerung ausgesprochen und „gemäß § 34 SMG" das „sichergestellte Suchtgift eingezogen" (S 36).

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil und die letztgenannte Entscheidung stehen, wie die Generalprokuratur in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zu Recht geltend macht, mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Es mangelt an einer - nach Anklageerhebung gemäß § 37 SMG aF vom Gericht vorzunehmenden - Prüfung der Diversionsvoraussetzungen iSd § 35 Abs 1 SMG aF (vgl RIS-Justiz RS0113620; Kirchbacher/Schroll, RZ 2005, 170 f). Im gegebenen Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verurteilte mehr als geringe, bei mehrfachen Tathandlungen nicht zusammenzurechnende (RIS-Justiz RS0112991; vgl auch 12 Os 99/09i) Mengen des im Spruch genannten Suchtmittels zum eigenen Gebrauch erworben und besessen hat (vgl S 17 f).

Das Bezirksgericht war daher gemäß § 37 SMG aF verpflichtet, vorerst gemäß § 35 Abs 3 SMG aF vorzugehen sowie gegebenenfalls die Zustimmung des Angezeigten zu allenfalls notwendigen gesundheitsbezogenen Maßnahmen einzuholen und sodann zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für ein Vorgehen iSd § 35 Abs 1 SMG aF gegeben sind. Der ohne eine solche Prüfung erfolgte Schuldspruch steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Da die aufgezeigte Gesetzesverletzung dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, war ihre Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen. Einer Aufhebung der vom kassierten Urteil rechtslogisch abhängigen Entscheidungen und Verfügungen bedarf es nicht, weil diese gleichermaßen als beseitigt gelten (Ratz, WK-StPO S 292 Rz 28).

Der die Einziehung der sichergestellten Suchtmittel anordnende Beschluss verstößt gegen § 443 Abs 1 StPO, weil danach (ua) über die Einziehung (§ 34 SMG iVm § 26 StGB) - mit Ausnahme der im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden in § 443 Abs 2 StPO genannten Fälle der §§ 445 und 445a StPO - im Strafurteil gegen den Angeklagten zu entscheiden ist.

Diese Gesetzesverletzung war als dem Angeklagten nicht nachteilig bloß festzustellen.

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