JudikaturOGH

11Os122/09i – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Dezember 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Dezember 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kleibel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Menduh Ö***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB, AZ 1 U 92/08m des Bezirksgerichts Braunau am Inn, über den Antrag der Generalprokuratur auf außerordentliche Wiederaufnahme des Strafverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Im Strafverfahren gegen Menduh Ö***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB, AZ 1 U 92/08m des Bezirksgerichts Braunau am Inn, wird die außerordentliche Wiederaufnahme verfügt. Das Urteil und der Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 12. Jänner 2009, AZ 22 Bl 106/08i (ON 21), sowie die Endverfügung des Bezirksgerichts Braunau am Inn vom 27. März 2009 (ON 22) werden aufgehoben und die Sache wird zur Durchführung des Verfahrens über die Berufungen und die Beschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft an das Landesgericht Ried im Innkreis verwiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit Urteil des Bezirksgerichts Braunau am Inn vom 22. September 2008, GZ 1 U 92/08m-16, wurde Menduh Ö***** des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Mit zugleich gefasstem Beschluss wurde (in mehreren Fällen) vom Widerruf bedingter Strafnachsicht abgesehen und (in einem Fall) die Probezeit verlängert. Gegen diese Entscheidungen erhoben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft jeweils Berufung und Beschwerde (ON 15 S 4 f).

Das Landesgericht Ried im Innkreis ordnete hierauf die Durchführung eines Gerichtstags zur öffentlichen Verhandlung über die Rechtsmittel an. Die mit RSb erfolgte Ladung des Angeklagten unter der Adresse ***** wurde hinterlegt und ab 23. Dezember 2008 zur Abholung beim Zustellpostamt bereit gehalten. Am 12. Jänner 2009 fand in Abwesenheit des Angeklagten die Berufungsverhandlung statt (ON 20 S 2 f).

Mit Urteil und unter einem gefasstem Beschluss vom 12. Jänner 2009, AZ 22 Bl 106/08i, gab das Landesgericht Ried im Innkreis nicht den Rechtsmitteln des Angeklagten, wohl aber jenen der Staatsanwaltschaft Folge, erhöhte die Freiheitsstrafe und beschloss den Widerruf der in früheren Verfahren gewährten bedingten Strafnachsicht (ON 21). Aufgrund der vom Verurteilten nachträglich vorgelegten Auskunft aus dem Zentralen Melderegister (ON 25) bestehen erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der der Rechtsmittelentscheidung zugrunde liegenden Tatsachenannahmen in Ansehung des erwähnten Zustellvorgangs. Der Auskunft zufolge war der Angeklagte von der Zustelladresse bereits abgemeldet.

Ist eine nicht vom Obersten Gerichtshof selbst getroffene letztinstanzliche Entscheidung eines Strafgerichts auf einer in tatsächlicher Hinsicht objektiv bedenklichen Verfahrensgrundlage ergangen, ohne dass dem Gericht ein Rechtsfehler anzulasten ist, so kommt - wie im gegebenen Fall - die analoge Anwendung der Bestimmungen über die außerordentliche Wiederaufnahme nach § 362 Abs 1 Z 2 StPO in Betracht (zB 11 Os 17/07w mwN).

Daher war im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Rechtsmittelverfahrens zugunsten des Angeklagten anzuordnen.

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