12Os144/09g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 26. November 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Lukas G***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Can C***** und Ramasan A***** sowie über die Berufungen der Angeklagten Lukas G*****, Christopher S***** und Erik O***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Jugendschöffengericht vom 29. Mai 2009, GZ 36 Hv 29/09b-70, und über die Beschwerde des Angeklagten Can C***** gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a StPO sowie über die Beschwerde des Angeklagten Ramasan A***** gegen den Beschluss nach § 494 Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten Can C***** und Ramasan A***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahresn zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Can C***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I./2./), der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./A./1./a./ und b./ und III./), des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (III./) sowie des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (IV./) und Ramasan A***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I./2./) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./A./3./) schuldig erkannt.
Danach haben - soweit für dieses Rechtsmittelverfahren von Interesse - am 31. Jänner 2009 in Wiener Neustadt
I./2./ Lukas G*****, Christopher S*****, Ramasan A*****, Can C***** und Erik O***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter dem Matthias B***** mit Gewalt bzw durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben durch Versetzen wuchtiger Schläge und Tritte gegen den Körper ein Handy und Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen bzw abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;
II./A./3./ Lukas G*****, Christopher S*****, Ramasan A*****, Can C***** und Erik O***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter den Andreas Z***** vorsätzlich am Körper durch Versetzen jeweils wuchtiger Schläge und Tritte in Form einer Prellung des Jochbeins und der Nase sowie einer Schleimhautverletzung an der Oberlippe verletzt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Schuldsprüche richten sich die jeweils auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Can C***** und Ramasan A*****, denen keine Berechtigung zukommt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Can C*****:
Entgegen dem Vorbringen in der Mängelrüge (Z 5) berücksichtigten die Tatrichter die nicht zu allen Tatbeteiligten gleich präzisen und insoweit den Beschwerdeführer namentlich nicht belastenden Angaben des Tatopfers Matthias B***** (US 39), schlossen jedoch auf eine Beteiligung des Can C***** am inkriminierten Raubgeschehen aufgrund anderer, im Einzelnen dargestellter Beweisergebnisse (US 37 bis 45). Eine Aktenwidrigkeit iSd § 281 Abs 1 Z 5 fünfter Fall StPO liegt vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467; Fabrizy StPO10 § 281 Rz 47; RIS-Justiz RS0099431). Mit der Behauptung, aus den Aussagen der Angeklagten und Zeugen könne auf eine unterstützende Beteiligung durch den Rechtsmittelwerber an dem von den Angeklagten Lukas G***** und Christopher S***** als unmittelbare Täter begangenen Raub nicht geschlossen werden, wird ein derartiger Begründungsmangel nicht dargetan. Vielmehr versucht der Nichtigkeitswerber solcherart die Beweiswürdigung der Tatrichter in Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung zu bekämpfen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) kritisiert fehlende Feststellungen zu Beitragshandlungen des Beschwerdeführers iSd § 12 dritter Fall StGB, übergeht aber in diesem Zusammenhang die Konstatierungen des erkennenden Gerichts, wonach sämtliche Angeklagten die Absicht hatten, Matthias B***** zu berauben und die unmittelbaren Täter Christopher S***** und Lukas G***** dadurch unterstützten, dass sie hinter ihnen standen und solcherart den Ausgang aus der Nische, in die das Tatopfer gedrängt worden war, versperrten (US 29) sowie Andreas Z*****, welcher Matthias B***** zu Hilfe kommen wollte, verletzten (US 29 und US 41). Damit orientiert sich die Nichtigkeitsbeschwerde nicht an den vorgegebenen Anfechtungspunkten.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ramasan A*****:
Die eine Aktenwidrigkeit behauptende Mängelrüge (Z 5) zeigt nicht auf, inwiefern im Urteil der Inhalt einer Aussage oder Urkunde unrichtig oder unvollständig wiedergegeben wurde. Mit dem Vorbringen, wonach sich aus dem Akteninhalt zweifelsfrei ergebe, dass der Rechtsmittelwerber den Andreas Z***** nicht geschlagen habe, versucht der Nichtigkeitswerber lediglich die umfangreichen Erwägungen der Tatrichter zur Täterschaft des Beschwerdeführers (US 37 bis 45) in Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung in Frage zu stellen. Im Hinblick auf die von den Tatrichtern vorgenommene umfassende Beweiswürdigung (vgl US 37 bis 45) geht auch der pauschal erhobene Vorwurf einer fehlenden Begründung ins Leere.
Der weiteren Beschwerde zuwider erwog das Erstgericht die Angaben des Zeugen Patrick W***** (US 39 und 43) und kam auf der Basis der von diesem Zeugen in der Hauptverhandlung dargestellten - vom Beschwerdeführer indes ignorierten - Schilderung des Geschehens (vgl die im Urteil auszugsweise wiedergegebenen Angaben aus S 65 ff in ON
69) zu der Annahme einer Beteiligung des Nichtigkeitswerbers am inkriminierten Raub zum Nachteil des Matthias B*****. Ein erörterungsbedürftiger Widerspruch zwischen den Aussagen dieses Zeugen vor der Polizei und in der Hauptverhandlung wird im insoweit unsubstantiiert gebliebenen Rechtsmittel nicht dargetan. Der Einwand, dass das Vorbringen in der Mängelrüge „vorsichtshalber" auch als Nichtigkeitsgrund iSd § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gerügt wird, entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.