JudikaturOGH

10Nc22/09f – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. November 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Romana A*****, vertreten durch Mag. Gerd Pichler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Brandl Talos, Rechtsanwälte in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei M***** AG, *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 20.692,71 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Landesgerichts Salzburg das Landesgericht Innsbruck bestimmt. Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Äußerung zum Delegierungsantrag selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt mit der beim Landesgericht Salzburg eingebrachten Klage den Ersatz der durch mangelhafte und unvollständige bzw fehlende Beratung entstandenen Schäden aus dem Kauf von „M***** (im Folgenden: M*****) Aktien bzw der Eröffnung eines Wertpapierdepots. Die im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck wohnhafte Klägerin beantragt ihre Vernehmung als Partei, die Zeugenvernehmung der Beraterin und schließlich die Vernehmung eines in 6060 Hall in Tirol wohnhaften Zeugen.

Die Beklagte, die ihren Sitz in Salzburg hat, wird durch Wiener Rechtsanwälte vertreten. Sie bestritt das Klagevorbringen, beantragte Klageabweisung und verkündete der Vertriebsgesellschaft und dem Mutterunternehmen der Managementgesellschaft der M***** den Streit. Die Mutter-Aktiengesellschaft, die ihren Sitz in Wien hat, trat dem Prozess als Nebenintervenientin bei. Die Beklagte beruft sich auf Urkunden, Sachverständigengutachten und (wie die Klägerin) auf die in Innsbruck wohnhafte Beraterin als Zeugin.

Die Klägerin stellte den Antrag auf Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck, weil sie und die beiden Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel dieses Gerichts haben. Es bestehe ein klares und überwiegendes Interesse an der Übertragung, die zu einer wesentlichen Beschleunigung und/oder Verbilligung des Rechtsstreits beitragen würde.

Die Beklagte sprach sich - soweit hier von Bedeutung - deshalb gegen eine Delegierung aus, weil sowohl ihre Parteienvertreter als auch jene der Nebenintervenientin ihren Kanzleisitz in Wien hätten. Die Zuständigkeit des Landesgerichts Salzburg sei daher schon aus diesem „geographischen Grund" die zweckmäßigste Lösung. Außerdem sei die Entfernung Innsbruck - Salzburg viel kürzer als die Strecke Wien - Innsbruck.

Das Landesgericht Salzburg legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor. Es befürwortete die beantragte Delegierung: Alle zu vernehmenden Personen hätten eine Affinität zu Innsbruck, die Beklagten- und Nebenintervenientenvertreter hingegen eine Präferenz für ein weiter östlich gelegenes Gericht; dabei seien die Interessen der Zeugen und Parteien - auch wenn eine Anreise von Tirol nach Salzburg nicht unzumutbar sei - höher zu bewerten.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist berechtigt.

Eine Delegierung nach § 31 JN kommt nur in Betracht, wenn klare und überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen (Ballon in Fasching2 I § 31 JN Rz 6 f mwN). Sie ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (vgl RIS-Justiz RS0046333). Für die Zweckmäßigkeit der Zuweisung einer Rechtssache an ein anderes Gericht ist vor allem der Wohnsitz der Parteien und der namhaft gemachten Zeugen oder die Lage des Augenscheingegenstands maßgeblich (Mayr in Rechberger, ZPO3 § 31 JN Rz 4 mwN uva); dem Kanzleisitz eines Parteienvertreters kommt dabei hingegen keine Bedeutung zu (stRsp; RIS-Justiz RS0046540; RS0065225; jüngst: 9 Nc 14/09x). Nach diesen Grundsätzen ist eine Delegierung der vorliegenden Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck zweckmäßig. Die Klägerin und sämtliche bisher namhaft gemachten Zeugen wohnen im Sprengel dieses Gerichts. Soweit die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt wurde, würde eine allenfalls erforderliche Befundaufnahme durch einen Sachverständigen ebenfalls im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck vorzunehmen sein. Es sind daher sämtliche beantragten Beweise zweckmäßigerweise von diesem Gericht aufzunehmen. Da die für eine Zweckmäßigkeit der Delegierung sprechenden Umstände somit deutlich überwiegen, ist gemäß § 31 Abs 2 JN die Delegierung anzuordnen.

Die Beklagte ist im Zwischenstreit über die Delegierung unterlegen und hat daher die von ihr verzeichneten Kosten ihrer (ablehnenden) Äußerung selbst zu tragen (10 Nc 20/08k mwN).

Rückverweise