14Os119/09w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Rechtspraktikantin Dr. Walcher als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rainer G***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Rainer G***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Juni 2009, GZ 123 Hv 188/08z-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Rainer G***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Soweit im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren angefochten wurde Rainer G***** des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1, 15 StGB (A/2) schuldig erkannt.
Danach hat er am 13. März 2008 in Wien gemeinsam mit Hans S***** und Anita N***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Erich H***** durch die von Hans S***** und Anita N***** bekräftigte Ankündigung, er werde ihn wegen Vergewaltigung der Anita N***** bei der Polizei anzeigen, sohin durch Drohung mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz und gesellschaftlichen Stellung, zu Handlungen, nämlich zur Bezahlung von 40 Euro genötigt und zur Bezahlung weiterer 1.000 Euro, zu nötigen versucht.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die der Sache nach allein gegen diesen Punkt A/2 des Schuldspruchs gerichtete Rüge gänzliche Urteilsaufhebung anstrebt, blieb sie mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen unausgeführt (§§ 285d Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Auch im Übrigen ist die (nominell) aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde nicht berechtigt. Das Beschwerdevorbringen, dem Urteil seien hinreichende Konstatierungen betreffend das Tatmittel und die Vermögensverfügung des Genötigten sowie in Bezug auf „die unrechtmäßige Bereicherung bzw Bereicherungsvorsatz" nicht zu entnehmen (Z 5, inhaltlich Z 9 lit a), lässt nicht erkennen, welche über die insoweit getroffenen (US 7 f) hinausgehenden Feststellungen zur rechtsrichtigen Subsumtion erforderlich sein sollen, und bringt solcherart den der Sache nach herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung.
Soweit die Rüge letzteren mit der Behauptung bestreitet, der Angeklagte sei von einem entsprechenden Geldanspruch der Anita N***** gegenüber Erich H***** ausgegangen, bekämpft sie bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die den gegenteiligen Urteilsannahmen (US 8) zu Grunde liegende Beweiswürdigung der Tatrichter.
Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (vgl RIS-Justiz RS0118780).
Die gegenständliche Tatsachenrüge erweckt mit dem Vorbringen, der Beschwerdeführer sei „felsenfest der Ansicht" gewesen, „dass ‚das Geld' N***** zustehe" keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen.
Die bloße Behauptung (Z 9 lit a), der „strafgerichtliche Tatbestand" sei nach den Feststellungen nicht erfüllt, wird den Anforderungen an eine prozessordnungskonforme Darstellung einer Rechtsrüge ebenso wenig gerecht (vgl RIS-Justiz RS0118429), wie das erneute Bestreiten des Bereicherungsvorsatzes.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) stellt eine Drohung mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz in Abrede, erklärt jedoch nicht, weshalb die konkreten Sachverhaltsfeststellungen zur Drohung mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung (US 9 f, US 12 f) eine Subsumtion als Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB nicht zugelassen haben sollen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Rainer G***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.