JudikaturOGH

9Nc22/09y – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. November 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Franz P*****, vertreten durch Plankel Mayrhofer Partner Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** Gesellschaft ***** GmbH, *****, vertreten durch Kraft Winternitz Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 18.000 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Text

Begründung:

Der im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz wohnhafte Kläger begehrte mit seiner beim Arbeits- und Sozialgericht Wien zu 32 Cga 99/09a eingebrachten Klage die Zahlung von 18.000 EUR sA. Nach mehrfachem Schriftsatzwechsel beantragte der Kläger die Delegierung des Verfahrens gemäß § 31 JN an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht. Von 13 beantragten Zeugen seien - wie er selbst - 11 im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz und einer im Sprengel des benachbarten Landesgerichts Leoben wohnhaft. Lediglich ein Zeuge sei in Wien zu laden. Die Delegierung werde daher zu einer Verkürzung und Verbilligung des Prozesses führen.

Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus und verwies darauf, dass es dem Kläger bei Einbringung der Klage gemäß § 4 Abs 1 ASGG freigestanden wäre, die Zuständigkeit des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht in Anspruch zu nehmen. Überdies führe ein Großteil der vom Kläger namhaft gemachten Zeugen selbst in Wien gegen die Beklagte Prozess, ohne um eine Delegierung der eigenen Verfahren eingekommen zu sein. Das Erstgericht sprach sich in seiner Stellungnahme für die beantragte Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Richtig ist, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589 ua). Davon ist aber hier auszugehen. Nicht nur der Kläger, sondern 11 der beantragten und noch nicht vernommenen Zeugen haben ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz, ein weiterer Zeuge wohnt im unmittelbaren Nachbarsprengel. Dass ein in Wien ansässiger Zeuge beantragt wurde, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit. Das wird hier durch eine Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz erreicht, weil in diesem Fall der absolut überwiegende Teil des Beweisverfahrens vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, ohne dass die meisten Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müssen. Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, dass einige dieser Zeugen eigene Klagen beim Arbeits- und Sozialgericht Wien gegen die Beklagte angebracht haben, weil, wie vom Erstgericht in seiner Stellungnahme dargelegt, eine Koordinierung der Zeugenvernehmungen mit dem Auftreten dieser Personen in anderen Verfahren nicht praktikabel ist.

Auch die von der Beklagten eingewendete Möglichkeit einer schon ursprünglichen Klageeinbringung beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz steht der begehrten Delegierung nicht entgegen:

Zunächst verweist der Kläger in seiner Klage auf eine Gerichtsstandsvereinbarung für das Arbeits- und Sozialgericht Wien, deren Gültigkeit bislang nicht widerlegt ist.

Selbst wenn diese Gerichtsstandsvereinbarung nicht wirksam sein sollte, wäre es zwar richtig, dass der Kläger allenfalls gemäß § 4 Abs 1 Z 1 lit a oder lit c ASGG die Klage bereits beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht hätte einbringen können. Richtig ist auch, dass diese Vorgangsweise zweckmäßiger gewesen wäre, weil der Kläger voraussehen hätte können, dass die von ihm namhaft gemachten Zeugen weit überwiegend im Sprengel dieses Gerichts wohnen oder kürzere Anreisewege dorthin haben. Das ändert aber nichts daran, dass es dennoch zweckmäßig ist, die Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zu überweisen. Es gibt keinen Grundsatz, dass nicht mehr delegiert werden dürfte, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 11/07b ua).

Die Erwägungen der Beklagten, dass der Kläger durch eine Delegierung nur der Verhandlung und Entscheidung seiner Sache durch einen bestimmten Richter des Arbeits- und Sozialgerichts Wien ausweichen will, finden in der Stellungnahme des Erstgerichts keine Bestätigung und sind als bloße Spekulationen unerheblich.

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