JudikaturOGH

12Os91/09p – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Juli 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Juli 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krajina als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Thomas H***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Thomas H***** sowie die Berufung des Angeklagten Raphael B***** gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Jugendschöffengericht vom 22. April 2009, GZ 20 Hv 10/09t-61, sowie die Beschwerde beider Angeklagter gegen unter einem gefasste Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten H***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Schuldsprüche der Angeklagten Thomas H***** und Raphael B***** sowie einen ebenfalls in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Angeklagten H***** enthaltenden Urteil wurde Thomas H***** der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB sowie der Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und der falschen Beweisaussage nach §§ 12 erster (richtig: zweiter) Fall, 288 Abs 1 und Abs 4 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Relevanz -

...

II.3. zwischen 12. und 14. September 2008 in M***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Verfügungsberechtigten der Marktgemeinde M***** fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Flachbildschirm im Wert von 199 Euro, eine Computertastatur im Wert von 9,90 Euro und eine Computermaus im Wert von 9,90 EUR durch Einbruch in die Volks- und Hauptschule M***** weggenommen;

...

IV.1. am 15. August 2008 in N***** Florian G***** durch Versetzen eines Fußtritts in das Gesicht, wodurch dieser eine Rissquetschwunde an der Oberlippe erlitt, am Körper verletzt;

...

V. zwischen 18. Dezember 2008 und 7. Jänner 2009 in M***** Michael He***** dazu bestimmt, im Ermittlungsverfahren bei der Kriminalpolizei falsch auszusagen, indem er ihn aufforderte, abzustreiten, dass er mit ihm (H*****) mitgefahren sei.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Der eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zum Schuldspruch IV.1. behauptenden Mängelrüge zuwider waren die Tatrichter nicht verhalten, sich mit der Aussage des Zeugen Thomas I***** vor der Polizeiinspektion N***** (S 19 f in ON 2 in ON 8), dass der Bursch, den er nach draußen begleitete, bereits eine Verletzung an der Lippe gehabt habe und H***** dann ohne Grund zweimal mit dem Fuß auf diesen Burschen eingeschlagen habe, und der Verantwortung des Angeklagten, Florian G***** habe einen blutigen Mund gehabt und ihn angespuckt, gesondert auseinanderzusetzen, weil selbst eine bereits vorhandene blutende Verletzung im Mundbereich keineswegs ausschließt, dass die vom Schuldspruch umfasste Rissquetschwunde von Fußtritten des Angeklagten ins Gesicht des Tatopfers herrührt. Außerdem wurde die Attacke in dieser Form von Thomas I***** im Zuge seiner Vernehmung ausdrücklich bestätigt.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) greift ihrem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemeiner menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht eröffnet (vgl RIS-Justiz RS0119583). Gegenstand der Tatsachenrüge sind daher Feststellungen, angesichts derer eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert nahe liegt, die somit schlechterdings unerträglich sind (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 490). Mit der gegen den Schuldspruch II.3. gerichteten, prozessordnungswidrig nicht an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Überlegungen des Erstgerichts orientierten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 487) Argumentation, angesichts des Vorhandenseins von Fingerabdrücken des Angeklagten auch an der Innenseite des offenstehenden Fensters sei es viel wahrscheinlicher, dass diese nicht - wie vom Schöffengericht angenommen - beim Verlassen des Tatorts, sondern beim Schließen des Fensters von Außen verursacht worden seien, somit nicht für, sondern gegen dessen Täterschaft sprächen, wird die diesem Nichtigkeitsgrund immanente Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten, sind doch die Tatrichter weder zu einer logisch zwingenden Begründung noch dazu verhalten, von mehreren möglichen Versionen die für den Beschwerdeführer günstigere zu wählen (vgl Ratz, WK-StPO §§ 281, 488 ff).

Soweit der Nichtigkeitswerber zum Schuldspruch V. aus der vom Erstgericht verworfenen Aussage des Zeugen Michael He***** mit eigenständigen Beweiswerterwägungen andere, für ihn günstigere, Schlussfolgerungen abzuleiten sucht, bekämpft er die tatrichterliche Beweiswürdigung lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen vermag er mit diesem Vorbringen nicht zu wecken.

Schließlich rügt der Beschwerdeführer das Unterbleiben der Vernehmung seiner Ex-Freundin (zum Schuldspruch II.3.) sowie von Thomas I*****, Daniel E***** und Florian P***** (zum Schuldspruch IV.1.), legt jedoch nicht dar, wodurch er an der Ausübung seines Rechts gehindert war, die vermissten Beweisaufnahmen in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen (vgl RIS-Justiz RS0115823; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (implizierten) Beschwerden folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise