JudikaturOGH

9ObA70/09y – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Juni 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei L***** OEG, *****, vertreten durch Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Albert B*****, Spenglerei, Flachdachisolierungen, *****, wegen 3.052,40 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. April 2009, GZ 15 Ra 116/08h-8, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1) Die Anwendung der §§ 84, 85 ZPO auch auf nicht befristete verfahrenseinleitende Schriftsätze entspricht der herrschenden Lehre und Rechtsprechung (1 Ob 41/99g; Gitschthaler in Rechberger³ §§ 84, 85 Rz 19; Kodek in Fasching/Konecny² II/2, §§ 84, 85 ZPO Rz 120 mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Lehre).

2) Dass die Klage nicht als Mahnklage eingebracht wurde, wird von der Klägerin nicht bestritten. Der Auftrag des Erstgerichts an die Klägerin, die Klage in diesem Sinn zu verbessern, erging daher zu Recht (Kodek, Fasching/Konecny² III, § 250 Rz 29 ff mwN).

3) Die Meinung der Revisionsrekurswerberin, der Verbesserungsauftrag hätte nicht ihrem Rechtsanwalt, sondern ihr selbst zugestellt werden müssen, ist unzutreffend (EvBl 1989/176; Kodek, aaO §§ 84, 85 Rz 238).

4) Der Einwand der Revisionsrekurswerberin, sie hätte - obwohl rechtsanwaltlich vertreten - im Verbesserungsauftrag auf die Möglichkeit hingewiesen werden müssen, die aufgetragene Verbesserung zu Protokoll zu geben, ist ebenfalls unzutreffend. Aus der dazu ins Treffen geführten Bestimmung des § 434 Abs 1 ZPO geht unmissverständlich hervor, dass diese Möglichkeit nur Parteien eröffnet wird, „wenn sie nicht durch Rechtsanwälte vertreten sind".

5) Das Erstgericht hat in seinem Verbesserungsauftrag auf die AFV 2002 hingewiesen. Es trifft aber zu, dass es das mit dieser Verordnung für die Einbringung der Mahnklage angeführte Formblatt (vgl § 1 AFV 2002; § 251 Z 3 ZPO) nicht dem Verbesserungsauftrag angeschlossen hat. Das Rekursgericht vertrat dazu die Auffassung, dass dieser Unterlassung im Hinblick auf die bei einem Rechtsanwalt zu unterstellende Kenntnis der AFV 2002 und der aus § 1 Abs 2 AFV 2002 ersichtlichen jederzeitigen Abrufbarkeit des Formblatts auf der Website des Bundesministeriums für Justiz keine Bedeutung zukomme. Im Übrigen sei zufolge der gebotenen Einbringung der Klageschrift im elektronischen Rechtsverkehr der Anschluss eines Formblatts nicht erforderlich; die in § 251 Z 3 ZPO angeordnete Art der Verbesserung könne sich bei teleologischer Auslegung nur auf die von unvertretenen Parteien im Postweg eingebrachten oder überreichten „Papierklagen" beziehen, die im Wege dieses Formblatts einzubringen seien. Mit dieser mit beachtlichen Argumenten begründeten Rechtsauffassung des Rekursgerichts - tatsächlich ist nicht ersichtlich, dass Rechtsanwälte zur Einbringung der Klage im elektronischen Rechtsverkehr ein derartiges Formular benötigen bzw überhaupt verwenden können - setzt sich die Revisionsrekurswerberin, die lediglich ihren schon im Rekurs vertretenen Standpunkt wiederholt, inhaltlich gar nicht auseinander. Letztlich kann diese Frage die Zulässigkeit des Revisionsrekurses schon deshalb nicht rechtfertigen, weil die Revisionsrekurswerberin, die dem Verbesserungsauftrag überhaupt nicht entsprochen und die Übersendung eines Formblatts nie verlangt hat, nicht einmal behauptet hat, sie sei wegen der unterbliebenen Übermittlung des Formblatts nicht in der Lage gewesen, die aufgetragene Verbesserung (im elektronischen Rechtsverkehr) vorzunehmen.

6) Die Revisionsrekurswerberin geht selbst davon aus, dass der ihr erteilte Verbesserungsauftrag einen Formmangel betrifft (Kodek, aaO § 250 ZPO Rz 29 mwN). Bleibt der vom Gericht erteilte Verbesserungsauftrag erfolglos, ist im Fall von Formmängeln der betroffene Schriftsatz zurückzuweisen (Kodek, aaO § 250 Rz 29 ff; §§ 84, 85 ZPO, Rz 223 je mwN).

7) Eine Belehrung der durch einen Rechtsanwalt vertretenen Partei über die Folgen einer Versäumung der Verbesserungsfrist ist nicht vorgeschrieben (EvBl 1966/60; Kodek, aaO §§ 84, 85 ZPO).

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