15Ns37/09y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Juni 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmid als Schriftführer in der Strafsache gegen Constantin S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 15, 146, 148 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen im negativen Kompetenzkonflikt zwischen dem Landesgericht Linz (AZ 12 Hv 57/09i) und dem Landesgericht für Strafsachen Graz (AZ 7 Hv 61/09s) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Strafverfahren steht dem Landesgericht Linz zu.
Text
Gründe:
Mit Strafantrag vom 17. Dezember 2008 legt die Staatsanwaltschaft Linz Constantin S*****, Florin G***** und Pamela C***** das jeweils im Oktober 2008 begangene Verbrechen des gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 15, 146, 148 erster Fall StGB und das Vergehen der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB zur Last (ON 3). Am 22. Dezember 2008 erging, dem weiteren Antrag der Staatsanwaltschaft entsprechend, der Beschluss des Landesgerichts Linz gemäß § 427 Abs 2 iVm § 197 Abs 1 StPO bei gleichzeitiger Ausschreibung der Angeklagten zur Aufenthaltsermittlung im Inland (ON 1 S 3).
Am 20. März 2009 trat das Landesgericht für Strafsachen Graz ein weiteres Verfahren gegen Florin G***** sowie den am 30. Mai 1988 geborenen, sohin zu den fraglichen Tatzeiten im Jahr 2008 jungen Erwachsenen Ioan T***** (dessen gewöhnlicher Aufenthalt gleichfalls unbekannt ist) zur Einbeziehung an das Landesgericht Linz ab. Dem in diesem Verfahren erhobenen Strafantrag vom 13. Februar 2009 (ON 5 in ON 14) liegt gleichfalls das Verbrechen des gewerbsmäßigen Betrugs zu Grunde, wobei jene Straftaten im Sprengel des Landesgerichts für Strafsachen Graz verübt worden sein sollen.
Das Landesgericht Linz bezog dieses Verfahren ein (ON 1 S 6) und beschloss unter einem - nach Widerruf der obgenannten Aufenthaltsermittlung - die Abtretung des gesamten Verfahrens an das Landesgericht für Strafsachen Graz (ON 1 S 7).
Auch das Landesgericht für Strafsachen Graz erachtete sich mit Beschluss vom 26. April 2009 (ON 1 S 10) für unzuständig, worauf das Landesgericht Linz den Akt nunmehr dem Obersten Gerichtshof gemäß § 38 dritter Satz StPO zur Entscheidung des Kompetenzkonflikts vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Im Falle gleichzeitiger Anklage mehrerer beteiligter Personen (§ 12 StGB) ist das Hauptverfahren vom selben Gericht gemeinsam zu führen (§ 37 Abs 1 StPO), wobei unter Gerichten gleicher Ordnung jenes mit Sonderzuständigkeit für alle Verfahren zuständig ist. Im Falle mehrerer Straftaten kommt die Zuständigkeit jenem Gericht zu, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt, es sei denn, für das Ermittlungsverfahren wäre eine Staatsanwaltschaft bei einem Gericht zuständig gewesen, in dessen Sprengel auch nur eine der angeklagten strafbaren Handlungen begangen worden sein soll (§ 37 Abs 2 StPO). Eine Sonderzuständigkeit iSd § 37 Abs 2 erster Satz StPO, wie vom Landesgericht Linz ins Treffen geführt, liegt nicht vor, weil § 46a Abs 1 JGG in Betreff wegen vor Vollendung des 21. Lebensjahrs begangener Taten lediglich die (funktionelle) Zuständigkeit des die Gerichtsbarkeit in Jugendstrafsachen ausübenden Gerichts verfügt, die örtliche Zuständigkeit - anders als § 29 JGG - jedoch nicht verändert.
Weil die Staatsanwaltschaft Linz für das Ermittlungsverfahren zuständig war, die mit Strafantrag vom 17. Dezember 2008 inkriminierten Straftaten im Sprengel des Landesgerichts Linz stattgefunden haben, ändert daran auch die Tatsache nichts, dass der Strafantrag der Staatsanwaltschaft Graz auch zeitlich frühere Straftaten (begangen im Mai 2008) umfasst.
Das Landesgericht Linz hat daher durch den für Jugendstrafsachen und Strafsachen gegen junge Erwachsene zuständigen Einzelrichter das Strafverfahren weiterzuführen.