JudikaturOGH

11Os98/09k – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Juni 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juni 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofmann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sasa A***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB, AZ 49 Hv 57/08i (nunmehr AZ 39 Hv 58/09i) des Landesgerichts Wiener Neustadt, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 4. Mai 2009, AZ 23 Bs 200/09v, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Aicher, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Sasa A***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB, AZ 49 Hv 57/08i des Landesgerichts Wiener Neustadt, verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 4. Mai 2009, AZ 23 Bs 200/09v (ON 38 des Akts AZ 49 Hv 57/08i des Landesgerichts Wiener Neustadt) das Gesetz in § 39 StGB.

Dieses Urteil wird aufgehoben und der Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Nichtigkeit nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 28. November 2003, AZ 53 E Hv 180/03g, wurde Sasa A***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in Dauer von sieben Monaten verurteilt, wovon gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Strafteil von fünf Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Den unbedingten Strafteil verbüßte der Verurteilte bis 28. Dezember 2003 (ON 2 S 41).

Mit Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 12. Oktober 2005, AZ 16 U 90/04v, in Rechtskraft erwachsen am 14. Oktober 2005, wurde Sasa A***** wegen der Vergehen des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei die in der Zeit von 13. September 2005, 15:45 Uhr, bis 13. September 2005, 16:58 Uhr, erlittene Verwahrungshaft gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wurde. Die Freiheitsstrafe selbst verbüßte der Genannte von 6. Februar 2009 bis 6. Mai 2009 (ON 25, 26).

Zuletzt wurde Sasa A***** im Verfahren des Landesgerichts Wiener Neustadt, AZ 49 Hv 57/08i, mit Urteil der Einzelrichterin vom 11. Februar 2009 des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB (Tatzeitpunkte 20. Juni 2008 und 28. Dezember 2008) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Während der Verurteilte die zunächst angemeldete Berufung wegen Strafe gegen dieses Urteil zurückzog, erhob die Staatsanwaltschaft - ausschließlich wegen Nichtigkeit zufolge sachlicher Unzuständigkeit (§§ 489 Abs 1, 468 Abs 1 Z 2 StPO) - Berufung. Dieser (ON 35) gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 4. Mai 2009, AZ 23 Bs 200/09v (ON 38), Folge und hob das angefochtene Urteil auf.

Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus, dass bei Sasa A***** die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall im Sinn des § 39 Abs 1 StGB vorlägen, weswegen Zuständigkeit des Landesgerichts als Schöffengericht bestünde.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht dieses Urteil mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Die angenommenen Voraussetzungen des § 39 StGB lagen nämlich nicht vor. Der bis dahin zweimal wegen einschlägiger strafbarer Handlungen verurteilte Sasa A***** verbüßte - infolge des erst nach den gegenständlichen Tatzeitpunkten erfolgten Vollzugs der mit Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 12. Oktober 2005, AZ 16 U 90/04v, ausgesprochenen dreimonatigen Freiheitsstrafe, auf welche die Verwahrungshaft von 13. September 2005, 15:45 Uhr bis 13. September 2005, 16:58 Uhr - lediglich einen die gesetzliche Mindestdauer (§ 18 Abs 2 StGB) nicht erreichenden Teil. Dieser teilweise Vollzug konnte nicht als - im Sinn einer Freiheitsstrafe erlittenes - Strafübel empfunden werden und demnach den Rückfall nicht begründen ( Flora in WK2 § 39 Rz 4).

Daher sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, das Urteil des Oberlandesgerichts Wien aufzuheben und unter einem der Berufung der Staatsanwaltschaft nicht Folge zu geben.

Im Übrigen bleibt anzumerken, dass durch die Änderung des § 29 Abs 2 StPO durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I 2009/52, mit seinem In Kraft Treten am 1. Juni 2009 eine Zuständigkeitsverschiebung durch Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB allgemein nicht mehr stattfindet.

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