13Os19/08f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juni 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in der Finanzstrafsache gegen Albert K***** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und einer anderen strafbaren Handlung über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 7. Dezember 2007, GZ 28 Hv 59/07x-26, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 60 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo) den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Angeklagten wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung bewilligt.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Albert K***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (1.) und des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a, FinStrG (2.) schuldig erkannt.
Der Angeklagte meldete rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 27), führte die Rechtsmittel aber, nachdem ihm am 4. Jänner 2008 eine Urteilsausfertigung zugestellt wurde, erst mit am 4. Februar 2008, somit verspätet, bei Gericht überreichtem Schriftsatz unter gleichzeitiger Vorlage eines Wiedereinsetzungsantrags betreffend die Frist zur Rechtsmittelausführung aus (ON 30, 31).
Die im Antrag vorgebrachte Begründung, die seit langem beim Verteidiger zufrieden stellend tätige Sekretärin habe es unterlassen, auf der zugestellten Urteilsausfertigung den „Eingangsstempel“ mit dem Datumseintrag anzubringen, ist durch deren Unterschrift bestätigt (ON 30), das weitere Vorbringen, die sodann durchgeführte telefonische Anfrage in der Geschäftsabteilung des Landesgerichts Linz habe zur Auskunft geführt, dass die Zustellung am 7. Jänner 2008 erfolgt sei (der betreffende Rückschein trägt einen Stempel mit diesem Datum, ON 26), erst ein Telefonat des Verteidigers mit dem Vorsitzenden am 4. Februar 2008 habe zur Kenntnis vom wirklichen Zustellungsdatum geführt, als glaubhaft zugrunde zu legen.
Gemäß § 364 Abs 1 StPO ist den Beteiligten des Verfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter anderem gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung eines Rechtsmittels zu bewilligen, wenn sie nachweisen, dass es ihnen durch unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignisse unmöglich war, die Frist einzuhalten, es sei denn, dass ihnen oder ihren Vertretern ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last liegt, sie die Wiedereinsetzung innerhalb von vierzehn Tagen nach dem Aufhören des Hindernisses beantragen und die versäumte schriftliche Verfahrenshandlung zugleich mit dem Antrag nachholen.
Schon bisher hat die Rechtsprechung vereinzelte Versehen eines an sich verlässlichen Kanzleimitarbeiters eines Verteidigers als unabwendbares Ereignis im Sinn des § 364 Abs 1 Z 1 StPO beurteilt (13 Os 19/96 mwN; RIS-Justiz RS0101310, RS0101420; vgl auch 13 Os 151/92). Das Verschulden eines Kanzleiangestellten steht der Bewilligung der Wiedereinsetzung - wie hier - dann nicht entgegen, wenn es sich um ein einmaliges Versehen handelt, das angesichts der Verlässlichkeit und Bewährung der Kanzleikraft nicht zu erwarten war und dem Verteidiger nicht die Verletzung der von ihm zu erwartenden Organisations- und Kontrollpflichten vorzuwerfen ist (RIS-Justiz RS0101310 [T2]). Eine solche Pflichtverletzung ist hier nicht zu erkennen.
Da zudem die versäumte Rechtsmittelausführung fristgerecht nachgeholt wurde, war die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung zu bewilligen.