JudikaturOGH

7Ob82/09y – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Juni 2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Sattler Schanda Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Alix Frank Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen

142.485 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2009, GZ 21 R 360/08m-14, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hielt die Rechtsmittelausführungen in der Berufung der Klägerin für nicht stichhältig und erachtete die Begründung im bekämpften Urteil „im Ergebnis" für zutreffend. Es setzte sich nicht ausdrücklich mit der vom Erstgericht vorgenommenen Vertragsauslegung auseinander, sondern verneinte das Schadenersatzbegehren wegen mangelnder Adäquanz. Die Abweisung des Eventualbegehrens bestätigte es mangels rechtlichen Interesses. Die außerordentliche Revision enthält nur Ausführungen zum Hauptbegehren.

Wer eine Vertragspflicht verletzt, haftet seinem Vertragspartner gegenüber nur insoweit für daraus entstehende Schäden, als die geschädigten Interessen in der Richtung der übernommenen Pflichten liegen. Es müssen also gerade jene Interessen verletzt werden, deren Schutz die übernommene Vertragspflicht bezweckte (RIS-Justiz RS0023150).

Es ist der Revisionswerberin zuzugeben, dass eine Vertragsauslegung insofern vorgenommen werden muss, um die von der Beklagten übernommenen Pflichten beurteilen zu können. Vertragsauslegung ist aber grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls, solange kein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wird (RIS-Justiz RS0042936). Wie weit der Schutzzweck eines einzelnen Vertrags geht, berührt ebenfalls regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0042761). Die vom Schutzzweck eines Vertrags umfassten Interessen, deren Verletzung schadenersatzpflichtig macht, sind aus dem Sinn und Zweck des Vertrags im Wege der Auslegung zu ermitteln. Es ist eine am konkreten Vertragszweck ausgerichtete individualisierende Betrachtung vorzunehmen (RIS-Justiz RS0017850).

Im Einzelfall vertretbar wurde das vorliegende Vertragswerk (Pachtvertrag und Unternehmenskaufvertrag) dahingehend ausgelegt, dass sich daraus keine Verpflichtung der Beklagten zur Aufrechterhaltung des Gasnetzzugangs ergibt. Der Pächter ist demnach zwar verpflichtet, das Pachtobjekt in einem für seinen Betriebszweck geeigneten Zustand zu halten, für die Gasleitungen wurde jedoch eine gesonderte Vereinbarung getroffen. Der Pächter übernimmt nach § 8 Abs 3 des Pachtvertrags auf seine Kosten die Instandhaltungsverpflichtung und die wiederkehrende Überprüfung bezüglich der Gasleitungen ab dem Punkt des Eigentumsübergangs der Gaszuleitung vom Gasnetzbetreiber auf den Verpächter zum jeweiligen Anschluss für die gasverbrauchenden Anlagen. Alle übrigen Instandhaltungsmaßnahmen für das Pachtobjekt übernimmt ausdrücklich der Verpächter. Schon daraus ist jedenfalls vertretbar abzuleiten, dass die Beklagte nur für die Instandhaltung der Gasleitungen im Bereich des Bestandobjekts, der Verpächter aber für alles Übrige verantwortlich war, nämlich für den Netzzugang sowie das Versorgungssystem außerhalb des Bestandobjekts. Gerade aus der Teilung zwischen Pachtobjekt im § 8 Abs 1 und der gesonderten Regelung hinsichtlich der Kosten für die Instandhaltung und wiederkehrende Überprüfung hinsichtlich Elektrizitätsversorgung und Gasleitungen in § 8 Abs 3 des Bestandvertrags ist erkennbar, dass sich die Verpflichtung zur Erhaltung des Pachtobjekts in einem für den Betriebszweck geeigneten Zustand nicht auf die Aufrechterhaltung der Netzzugänge zur Elektrizitäts- und Gasversorgung bezog. Da sich bereits aus der vom Erstgericht in vertretbarer Weise vorgenommenen Vertragsauslegung ergibt, dass die Beklagte zur Aufrechthaltung des Netzanschlusses nicht verpflichtet war, stellen sich die in der außerordentlichen Revision relevierten Fragen zur Adäquanz und zum Korrosionsschutz nicht mehr.

Erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO liegen daher nicht vor.

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