15Os47/09i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Mai 2009 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ömer I***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 29. Jänner 2009, GZ 29 Hv 97/08w-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Ömer I***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB
(1.) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB
(2.) schuldig erkannt.
Danach hat er
1. am 16. Juli 2007 in Salzburg Alexandra K***** (nunmehr C*****) durch Versetzen zahlreicher wuchtiger Faustschläge in das Gesicht eine schwere Körperverletzung absichtlich zuzufügen versucht;
2. am 18. Juli 2007 an einem unbekannten Ort den Polizeibeamten Herbert W***** durch die fernmündliche Äußerung „Du kleiner Wichser du, ich werde deine Frau ficken bis sie blutet, denn ihr kriegt mich nicht!" gefährlich mit einer Körperverletzung bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Rechtliche Beurteilung
Ausschließlich gegen den Schuldspruch zu 1. richtet sich die auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.
Einen inneren Widerspruch (Z 5 dritter Fall) erblickt die Mängelrüge zwischen den Feststellungen der Tatrichter, „bei den Faustschlägen gegen das Gesicht des Opfers kam es dem Angeklagten gerade darauf an, sein Opfer schwer am Körper zu verletzen." (US 13) und „bei der Zufügung der Verletzung war dem Angeklagten klar, dass ... wuchtige Faustschläge gegen das Gesicht einer Frau zu schweren Verletzungen führen können." (US 14).
Widersprüchlich im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ist ein Urteil dann, wenn das Gericht entscheidende Tatsachen als nebeneinander bestehend feststellt, die einander nach den Gesetzen logischen Denkens und der grundlegenden Lebenserfahrung ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können (RIS-Justiz RS0117402, zuletzt 11 Os 122/08p). Eine solche Konstellation liegt gegenständlich nicht vor, wird doch mit der ersten Textpassage in einer jede Undeutlichkeit ausschließenden Weise die Absichtskomponente (§ 5 Abs 2 StGB) des Tätervorsatzes dargestellt, während mit letzterer Aussage lediglich die Wissenskomponente in Betreff möglicher Verletzungsfolgen angesprochen wird. Eine logische Unvereinbarkeit der beiden Aussagen besteht nicht (zum Bestehen des Vorsatzes aus voluntativem und intellektuellem Element vgl Fabrizy StGB9 § 5 Rz 1; Reindl in WK2 § 5 Rz 2 ff).
Soweit die Beschwerde weiters unter Berufung auf Burgstaller/Fabrizy (in WK2 § 87 Rz 7) vorbringt, ein zwingender Schluss auf das spezielle Vorsatzerfordernis (des § 87 StGB) sei aus keiner Begehungsart zulässig, so ist sie - mit der genannten Kommentarstelle - darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung, ob in einem konkreten Fall Absicht gegeben ist, stets der freien Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts unterliegt. Die Tatrichter haben vorliegend auch keinen „zwingenden Schluss" von den eingetretenen Verletzungen und der Tathandlung (mehrere Schläge gegen das Gesicht) auf den Tätervorsatz vorgenommen, sondern in Wahrnehmung ihres freien Beweiswürdigungsermessens aus der Vorgehensweise, dem bisherigen Verhaltensmuster des Angeklagten sowie den Depositionen der Zeugin Renate C***** und des Zeugen Herbert W***** sowie unter Berücksichtigung der Krankengeschichte des Universitätsklinikums des Landeskrankenhauses Salzburg mängelfrei auf die Absicht des Angeklagten, eine schwere Körperverletzung zuzufügen, geschlossen (US 17 ff).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.