10ObS54/09b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Mag. Michaela Haydter (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gabriele H*****, vertreten durch Dr. Herbert Felsberger und Dr. Sabine Gauper-Müller Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Kärtner Gebietskrankenkasse, Kempfstraße 8, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr. Gerhard Fink und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld (Streitwert: 424,20 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. April 2008, GZ 8 Rs 7/08y-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. Oktober 2007, GZ 32 Cgs 164/07h-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Das Revisionsverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt. Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Beide Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittelschriften selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin und ihr Lebensgefährte Gernot R***** sind die Eltern der am 27. 8. 2002 geborenen Romina R*****. Zum Zeitpunkt der Antragstellung der Klägerin auf Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes sowie des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld lebten auch noch der am 7. 11. 1987 geborene Mark-Andre H***** und die am 16. 7. 1992 geborene Anja H***** mit ihnen im gemeinsamen Haushalt (10 ObS 71/08a).
Über Antrag der Klägerin vom 25. 10. 2002 bezog sie für ihre Tochter Romina vom 23. 10. 2002 bis 31. 12. 2002 einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von täglich 6,06 EUR, insgesamt also 424,20 EUR.
In dem von der Klägerin unterfertigten Antragsformular bestätigte sie auch den Erhalt eines Informationsblattes zum Kinderbetreuungsgeld. Darin ist zur Inanspruchnahme des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld durch in Lebensgemeinschaft mit dem Kindesvater lebenden Bezieherinnen zu finden, dass
- der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte des anderen Elternteils
7.200 EUR = Freigrenze pro Kalenderjahr nicht übersteigen darf,
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 28. 9. 2008, 10 ObS 72/08y, die Revision der Klägerin schon deshalb für zulässig angesehen, weil Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmungen der §§ 8, 12, 13 und 31 KBGG in der hier anzuwendenden Fassung bestanden haben, und beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag gestellt. Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wurde gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten. Der Verfassungsgerichtshof wies mit seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 142/08-6 diesen Gesetzesprüfungsantrag ab, weil er die in diesem Antrag und auch die in den anderen Gesetzesprüfungsanträgen vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte. Nach Zustellung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs war das Revisionsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs erweisen sich die von der Revisionswerberin gegen die maßgebende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken als nicht berechtigt. Soweit sie in ihrem Rechtsmittel in diesem Zusammenhang auch geltend macht, die beklagte Partei hätte die komplizierte Berechnungsweise für die Ermittlung des maßgeblichen Jahresbetrags hinsichtlich einer möglichen Überschreitung der Freigrenze ausführlicher erklären müssen, ist auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in seinem erwähnten Erkenntnis vom 26. 2. 2009 zu verweisen, wonach die Bezugsberechtigten vom zuständigen Krankenversicherungsträger ein Informationsblatt erhalten haben, aus dem ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeldbezug hervorgehen und in dem der erforderliche Rechenvorgang eingehend beschrieben und mit Beispielen erläutert ist, sodass es auch ohne subtile Sachkenntnis möglich und zumutbar gewesen sei, sich vom Inhalt des § 8 KBGG Kenntnis zu verschaffen und den für die im KBGG festgelegten Grenzbeträge bzw Freigrenzen maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte nach dieser Bestimmung zu ermitteln.
Im Übrigen hat der erkennende Senat den Revisionsausführungen bereits im Beschluss 10 Ob 72/08y entgegengehalten, dass die für den Lebensgefährten der Klägerin unter Berücksichtigung der Sorgepflichten für drei Kinder maßgebende Freigrenze von insgesamt 18.000 EUR im Hinblick auf die von ihm im Kalenderjahr 2002 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb von über 48.000 EUR deutlich überschritten wurde, und die vom Gesetzgeber für die Gewährung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld geforderte Einkommensschwäche der Familie der Klägerin im klagsgegenständlichen Zeitraum daher tatsächlich nicht vorlag; der Einwand des gutgläubigen Verbrauchs des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld durch die Klägerin ist - wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat - auch nicht berechtigt, weil die Rückforderungsbestimmung des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG lediglich auf den objektiven Umstand des Nichtvorliegens der Anspruchsvoraussetzungen abstellt.
Schließlich vertritt die Klägerin noch die Ansicht, den Sozialgerichten stehe auch die Kompetenz für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht zurückzuzahlender Beträge in Härtefällen gemäß § 31 Abs 4 KBGG zu.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
§ 31 Abs 4 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) sieht unter anderem vor, dass der Krankenversicherungsträger bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände (Härtefälle), insbesondere in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Empfängers,
1. die Erstattung des zu Unrecht bezahlten Betrags in Teilbeträgen (Ratenzahlungen) zulassen,