3Ob55/09y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Salih T*****, vertreten durch Dr. Harald W. Jesser, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagte Partei Christine T*****, vertreten durch Dr. Kurt Konopatsch und Dr. Sonja Jutta Sturm-Wedenig, Rechtsanwälte in Leoben, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom 20. Jänner 2009, GZ 2 R 344/08z-19, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Leoben vom 24. September 2008, GZ 20 C 522/08y-13, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 336,82 EUR (darin 56,14 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Oppositionskläger verpflichtete sich in einem vor dem Erstgericht im Unterhaltsverfahren AZ 20 C 141/04p geschlossenen Vergleich vom 31. März 2005 zur Leistung eines monatlichen Unterhalts von 150 EUR an seine geschiedene Frau, die Oppositionsbeklagte, ab 1. Juli 2004. Der Unterhaltsverpflichtung lag ein monatliches Durchschnittseinkommen des Klägers von etwa 2.000 EUR netto zugrunde, weiters, dass die Beklagte ein geringeres Einkommen hatte. Außer für die Oppositionsbeklagte ist der Kläger für eine erwachsene Tochter und für ein 2003 geborenes adoptiertes Kind sorgepflichtig. Die nunmehrige Ehegattin des Klägers ist voll berufstätig. Der Kläger bezog eine Invaliditätspension, die von Jänner bis Mai 2008 rund 1.220 EUR, und seit Juni 2008 715 EUR, jeweils netto monatlich, betrug. Am 4. März 2008 erhielt der Kläger eine Abfertigung von neun Monatsentgelten in Höhe von 22.518,74 EUR und am 31. März 2008 eine Urlaubsentgeltabfindung von 6.840 EUR netto. Die Beklagte verdient monatlich 615 EUR.
Aufgrund der Urlaubsentgeltabfindung stand dem Kläger für die Monate April, Mai und Juni 2008 nur die Hälfte der Pension (723,87 EUR brutto) zu. Im Juni 2008 erhielt er tatsächlich (unter Einrechnung des exekutiven Fremdabzugs) 715,67 EUR netto, im April und Mai 2008 war ihm jedoch die Pension in voller Höhe ausbezahlt worden, sodass sich (unter Einschluss der Sonderzahlung im April) eine Überzahlung von 1.656,06 EUR ergab. Diese wurde von Juli bis Dezember 2008 in fünf Raten zu je 280 EUR und einer Rate von 256,06 EUR („Eigenabzug") einbehalten. Von Juli bis einschließlich Oktober 2008 betrug die Pension pro Monat (unter Berücksichtigung des Eigenabzugs) 940,32 EUR, im November 2008 967,72 EUR und im Dezember 2008 991,66 EUR. Dazu kommt eine Sonderzahlung in der zweiten Jahreshälfte in nicht bekannter Höhe. Insgesamt ergibt sich für 2008 daher eine anrechenbare Pension des Klägers von rund 1.045 EUR netto und unter Einbeziehung der Sonderzahlungen von rund 1.220 EUR netto pro Monat. Der Kläger hat außer aus dem Kauf eines Pkws und aus Prozesskosten Verbindlichkeiten für den Ankauf einer Eigentumswohnung in Graz im Jahr 2001. Eine Verbücherung erfolgte bisher nicht. Die Wohnung ist nicht vermietet.
Zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands von 450 EUR für März bis Mai 2008 wurde der Oppositionsbeklagten am 8. Mai 2008 die Fahrnis- und Forderungsexekution, zur Hereinbringung des Rückstands sowie des laufenden Unterhalts ab 1. Juni 2008 in Höhe von 150 EUR monatlich die Fahrnisexekution bewilligt (AZ 8 E 1274/08d des Erstgerichts).
Der Oppositionskläger stützt sich darauf, dass dem Vergleich ein Arbeitseinkommen von durchschnittlich 2.000 EUR, zugrunde gelegen sei. Inzwischen sei er arbeitsunfähig geworden und beziehe eine Invaliditätspension von 1.200 EUR monatlich netto. Er sei überdies für seine studierende Tochter und für ein adoptiertes Kind sorgepflichtig. Die von ihm bezogene Nettoabfertigung von 22.518,74 EUR sei auf den Zeitraum zwischen der tatsächlichen Pensionierung und dem gesetzlichen Pensionsantritt aufzuteilen. Überdies habe er die Abfertigung teilweise zur Abdeckung näher bezeichneter Schulden verwendet.
Die Beklagte wendet zusammengefasst ein, die Abfertigung sei in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzurechnen. Die Aufteilung sei entsprechend der Anzahl der enthaltenen Monatsentgelte vorzunehmen. Die vom Kläger angeführten Schulden seien nicht zu berücksichtigen. Das Erstgericht wies das Oppositionsklagebegehren ab. Das Berufungsgericht - das nach teilweiser Beweiswiederholung die eingangs dargestellten näheren Feststellungen über die Höhe der vom Kläger bezogenen Invaliditätspension traf -, gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach über seinen Abänderungsantrag iSd § 508 Abs 1 ZPO aus, dass die Revision zulässig sei: Die Auffassung des Klägers, die Beklagte habe durch ihre Bezugnahme auf die dem Kläger ausbezahlte Abfertigung unzulässigerweise einen neuen Anspruchsgrund in das Verfahren einbezogen, sei „nicht völlig von der Hand zu weisen".
Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Urlaubsentgeltabfindung sowie die Abfertigung in angemessene Weise so aufzuteilen seien, dass das letzte Einkommen des Klägers gleichsam „gehalten" werde. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Nettopension in Höhe 1.220 EUR sei noch keine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten. Der Kläger sei daher nach wie vor in der Lage, den bisherigen Unterhalt für die Beklagte zu leisten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Kläger erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die angefochtene Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.
1. Mit Oppositionsklage kann das gänzliche oder teilweise Erlöschen eines vollstreckbaren Unterhaltsanspruchs geltend gemacht werden (stRsp RIS-Justiz RS0000824; 3 Ob 33/03d).
2. Gegenstand der mit der Oppositionsklage erhobenen Einwendungen ist derjenige Anspruch, welcher der Exekutionsbewilligung zugrunde liegt. Das ist der im Exekutionstitel festgelegte Anspruch. Entscheidend für den Erfolg der Oppostionsklage ist allein, ob dieser Anspruch durch die eingewendeten Tatsachen erloschen oder gehemmt ist (3 Ob 184/94 = SZ 67/221).
Es ist daher dem Oppositionsbeklagten etwa verwehrt, dem Vorbringen des Klägers, der verglichene Unterhalt, zu dessen Gunsten Exekution geführt werde, sei erloschen, entgegen zu setzen, derselbe Betrag könnte kraft Gesetzes erwirkt werden (3 Ob 184/94; RIS-Justiz RS0032964; Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 35 Rz 46 mwN).
Dieser Fall liegt hier allerdings entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung nicht vor: Der Oppositionskläger verpflichtete sich mit Vergleich zur Leistung des gesetzlichen Unterhalts an die Oppositionsbeklagte. Genau darum, ob dieser Unterhaltsanspruch der Oppositionsbeklagten erloschen ist, geht es aber im vorliegenden Rechtsstreit. Die Frage, ob und in welchem Umfang die vom Oppositionskläger bezogene Abfertigung in die Bemessungsgrundlage einzurechnen ist, stellt somit nicht die Einbeziehung eines neuen Anspruchs dar, auf den die Oppositionsbeklagte ihr Bestreitungsvorbringen gründet, sondern ist zum Gegenstand der Prüfung zu machen, ob gegenüber dem maßgeblichen Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bis spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (RIS-Justiz RS0001351) wesentliche Änderungen der Voraussetzungen für die Bemessung des gesetzlichen Unterhalts eingetreten sind.
4. Gegen die von den Vorinstanzen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls vorgenommene Einbeziehung der Abfertigung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage (RIS-Justiz RS0047428 [T1]) wendet sich die Revision nicht.
5. Dass allfällige Schulden des Oppositionsklägers keinen Einfluss auf den Unterhaltsanspruch der Beklagten haben, bezweifelt der Kläger in seiner Revision ebenfalls nicht mehr.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.