7Ob36/09h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** AG, *****, vertreten durch Kraft Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei F***** GMBH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Martin Deuretsbacher, Rechtsanwalt in Wien, wegen 30.000 EUR (sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2008, GZ 1 R 224/08f-14, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Revisionswerberin begründet ihre Ansicht, dass entgegen diesem Ausspruch die Revision zulässig sei, im Wesentlichen wie folgt:
1.) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe von ihr anerkannte Bestandsprovisionen in Höhe von 11.635,69 EUR, 8.084,84 EUR und 16.125,53 EUR nicht kompensando gegen die Klagsforderung aufgerechnet, weiche von ständiger Rechtsprechung über die Zulässigkeit einer außergerichtlichen schlüssigen Aufrechnungserklärung ab. Durch die Nichtzahlung der zu Recht bestehenden Bestandsprovisionen sei konkludent eine Aufrechnung mit der Klagsforderung vorgenommen worden.
2.) Die Vorinstanzen hätten die Sittenwidrigkeit der Rückforderung rechtsirrig verneint. Die Rückforderung der Boni sei sittenwidrig, weil die Klägerin durch unlauteres Verhalten jenen Tatbestand geschaffen habe, für dessen Folgen nun die Beklagte einstehen solle. Sie habe nämlich die Flucht der Anleger aus MEL-Zertifikaten durch irreführende und unzutreffende Angaben im Werbeprospekt selbst verursacht.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesen Ausführungen vermag die Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:
Zu 1.): Für die Beurteilung der Konkludenz eines Verhaltens sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Einer derartigen Entscheidung kommt daher nur dann eine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zu, wenn ihr Ergebnis den Grundsätzen des Gesetzes und der Logik widerspricht, ihre Unanfechtbarkeit daher mit der Rechtssicherheit nicht zu vereinbaren wäre (stRsp RIS-Justiz RS0042776 [T11]; RS0042742 [T5] uva). Davon kann hier keine Rede sein: Die Behauptung der Revisionswerberin, die Erklärung der Klägerin betreffend die außergerichtliche Aufrechnung der von ihr anerkannten Bestandprovisionen habe sich nicht auf die weiters aufgelaufenen Boni-Rückzahlungsansprüche, sondern auf die eingeklagten Rückzahlungsansprüche bezogen, entbehrt jeder Grundlage. Zu 2.): Auch die Beurteilung der Sittenwidrigkeit stellt eine Frage des Einzelfalls dar, die lediglich im Fall einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung aufzugreifen wäre. Eine Verkennung der Rechtslage durch die Vorinstanzen, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, liegt aber keineswegs vor. Es kann dazu auf die Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden, wonach ein Haftungsdurchgriff auf die Klägerin nicht möglich ist und hinsichtlich des dieser vorgeworfenen Aufklärungsdefizits ein rechtmäßiges Alternativverhalten nur dazu geführt hätte, dass die Beklagte die Boni gar nicht lukrieren hätte können. Gegen die Rechtsansichten des Berufungsgerichts, ein Rechtsmissbrauch sei hinsichtlich der Rückforderung der Boni nicht zu erkennen und die Gegenforderung der Beklagten sei unberechtigt, können keinerlei Bedenken bestehen.
Die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens, die darin erblickt wird, dass die Urkundenvorlage im Berufungsverfahren entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegen das Neuerungsverbot verstoße, liegt schon deshalb nicht vor, weil aus dem betreffenden Schreiben der Klägerin vom 29. 8. 2008 nichts für die Revisionswerberin zu gewinnen ist.
Die mangels eines tauglichen Zulassungsgrunds unzulässige außerordentliche Revision ist zurückzuweisen.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).