9Ob82/08m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Philippe H*****, geboren am ***** 1999, und des mj Frederic H*****, geboren am ***** 2002, beide *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters DI Dr. Dieter H*****, Industriekaufmann, *****, vertreten durch Birnbaum - Toperczer - Pfannhauser Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. September 2008, GZ 44 R 296/08t-S-51, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 17. April 2008, GZ 35 P 58/06p-S-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Gegen einen im Rahmen des Rekursverfahrens ergangenen Beschluss des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 62 Abs 1 AußStrG). Eine Rechtsfrage dieser Qualität wird vom Revisionsrekurswerber nicht aufgezeigt. Vom Rekursgericht verneinte Mängel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz bilden keinen Revisionsrekursgrund. Dieser Grundsatz wird nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nur dann durchbrochen, wenn dies aus Gründen des Kindeswohls erforderlich ist (6 Ob 175/08s; RIS-Justiz RS0050037 ua). Gründe dieser Art werden im Rechtsmittel nicht dargelegt und ergeben sich auch sonst nicht aus dem Akteninhalt. Es geht hier nicht darum, ob die Unmittelbarkeit im Außerstreitverfahren „schlechthin" nicht gilt (vgl Fucik/Kloiber, AußStrG § 31 Rz 4 mwN ua), sondern in erster Linie um ein den Umständen des Einzelfalls angepasstes Verfahren, das dem Kindeswohl bestmöglich gerecht wird (§ 13 Abs 2 AußStrG). Nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen leben die noch aufrecht verheirateten Eltern der beiden Kinder seit 2006 dauernd getrennt. Die Kinder befinden sich bei der Mutter. Beide Elternteile sind grundsätzlich für die Ausübung der Obsorge geeignet. Die Kinder sind mit der gegenwärtigen Situation - Leben bei der Mutter, jedoch Möglichkeit, den Vater oft zu besuchen - zufrieden. Dass durch die über Antrag der Mutter erfolgte gerichtliche Übertragung der alleinigen Obsorge auf die Mutter das Wohl der Kinder verletzt werde, behauptet auch der Revisionsrekurswerber nicht. Minderjährige sind in Verfahren über die Pflege und Erziehung vom Gericht zu hören („Befragung"). Haben die Minderjährigen - wie im vorliegenden Fall - das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, dann können sie auch durch einen Sachverständigen gehört werden (§ 105 Abs 1 AußStrG). Dies ist hier geschehen. Zusätzlich erfolgten durch die gerichtliche Sachverständige auch noch ausführliche Interaktionsbeobachtungen sowohl der Mutter als auch - im Rahmen eines weiteren Termins - des Vaters mit den Kindern. Dass die vom Vater darüber hinaus beantragte neuerliche Anhörung der Minderjährigen dem Wohl der Minderjährigen förderlich gewesen wäre, vermag auch der Revisionsrekurswerber nicht geltend zu machen. Mit der Überlegung, dass durch eine neuerliche Anhörung der Minderjährigen Aufschlüsse über die (allfällige) Absicht der Mutter, ihren gewöhnlichen Aufenthalt zu verlegen (und damit die Kontaktmöglichkeiten des Vaters zu den Kindern erheblich einzuschränken), gewonnen werden könnten, wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage ist der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters zurückzuweisen (§ 71 Abs 2 iVm § 62 Abs 1 AußStrG). Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 Satz 3 AußStrG).