5Ob6/09g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann Prentner als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragstellerin Dr. Olga Renate D*****, gegen die Antragsgegnerin B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Eva Krassnig, Rechtsanwältin in Wien, wegen §§ 15b, 15c WGG iVm § 22 Abs 1 Z 2a WGG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin, gegen den Beschluss (richtig: Sachbeschluss) des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 12. Februar 2008, GZ 1 R 220/07g 19, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 22 Abs 4 WGG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung:
Die Antragstellerin begehrte 1. der Antragsgegnerin (= Bauvereinigung) aufzutragen, das Nutzwertgutachten betreffend die Wohnhausanlage *****, vorzulegen, sodass die Wohnungseigentumsanteile für die Wohnung ***** 12/9, festgesetzt werden können; 2. den Kaufpreis für die Wohnung ***** 12/9, festzusetzen und 3. die nachträgliche Übernahme dieser Wohnung ins Wohnungseigentum zu genehmigen.
Die Antragstellerin brachte im Wesentlichen vor, ihr Vater habe mit Schreiben vom 8. 8. 2001 ein Angebot der Antragsgegnerin vom 25. 6. 2001 zum Kauf der Wohnung angenommen. Ihr Vater habe der Antragstellerin die Rechte aus dem abgeschlossenen Mietvertrag über die Wohnung sowie die Rechte aus dem Kaufvertrag abgetreten. Die im Anbot der Antragsgegnerin genannten Bedingungen (ua eine Mindestkäuferquote von 25 % der Mieter der Wohnanlage, Einziehungsermächtigung für einen pauschalierten Kostenanteil für Schätzgutachten und Verfahrenskosten) seien unwirksam.
Das Erstgericht wies diese Anträge ab. Es war rechtlich der Ansicht, dass die im Rundschreiben der Antragsgegnerin vom 25. 6. 2001 (= Einladung zum Stellen eines Antrags auf nachträgliche Übertragung ins Eigentum) festgelegte Bedingung einer Mindestkäuferquote von 25 % nach 5 Ob 270/04y wirksam gewesen und in casu nicht erreicht worden sei. Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Verkauf der Wohnung bestehe daher nicht. Zu einem Antrag auf Preisfestsetzung sei die Antragstellerin nach der seinerzeitigen Rechtslage nicht legitimiert.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und erachtete die Begründung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses als zutreffend. Es sprach - über Ergänzungsauftrag - aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 10.000 EUR und der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Antragstellerin macht in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs keine Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG geltend:
1. Vorauszuschicken ist, dass der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, die Antragstellerin sei (weiterhin) berechtigt, sich auch vor dem Höchstgericht selbst zu vertreten (10 ObS 8/08m; vgl auch RIS Justiz RS0035758; RS0035658; RS0120040). Ein Verbesserungsverfahren zum Zweck der anwaltlichen Unterfertigung des Revisionsrekurses war daher nicht zu veranlassen.
2. Der erkennende Senat hatte bereits zu 5 Ob 270/04y (= immolex 2005, 211 [krit Friedl ] = MietSlg 56.588) einen Fall entschieden, dem ein in allen wesentlichen Punkten vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag; er gelangte dabei zum Ergebnis, die in § 15c lit b nF WGG enthaltene Neuregelung über den Anspruch auf Übertragung in das Wohnungseigentum aufgrund eines verbindlichen Angebots der Bauvereinigung (also auf rechtsgeschäftlicher Basis) gelte seit dem 1. 1. 2002 für all jene Fälle, in denen es noch nicht zur Übereignung der Wohnung gekommen sei. Die Bauvereinigung dürfe jetzt ihr Verkaufsangebot davon abhängig machen, dass es von einer Mindestanzahl von Mietern (Nutzungsberechtigten) angenommen werde (§ 15c lit b Z 1 WGG). Damit habe der Gesetzgeber die früher unzulässige Praxis von Bauvereinigungen gebilligt, ihre Verkaufsbereitschaft an die Erfüllung einer Mindestkäuferquote zu binden. Diese Überlegungen gelten auch im vorliegenden Fall und führen zum Ergebnis, dass keine wirksame Einigung auf nachträgliche Übertragung ins Wohnungseigentum vorlag.
3. Der von der Antragstellerin behauptete Widerspruch zwischen § 15c WGG und dem Wohnungseigentumsgesetz 2002 liegt nicht vor, weil letztgenannte Bestimmungen nicht das wirksame Zustandekommen eines die spätere Wohnungseigentumsbegründung ermöglichenden Titels regeln.
4. Ein Fall des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG liegt - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - ebenfalls nicht vor, weil es der Antragsgegnerin ohnehin nicht zustand, eine von ihr zu erbringende Leistung einseitig zu ändern oder von ihr abzuweichen. Dass keine wirksame Einigung auf nachträgliche Übertragung ins Wohnungseigentum zustande kam, beruhte auf einer schon ursprünglich vorgesehenen Bedingung, die infolge späterer Änderung der Rechtslage Geltung erlangte.
5. Verschiedentliche Ausführungen der Antragstellerin, wonach hier kein Fall des § 15c (genauer: lit b) WGG vorläge, sind nicht nachvollziehbar.
6. Die Einschätzung der Antragstellerin, § 15b WGG sehe eine massive Begünstigung von Wohnungsgesellschaften vor, bleibt ihr unbenommen, ändert aber an der damit normierten Rechtslage nichts.
7. Die Antragstellerin meint Schwierigkeiten bei der Handhabung einer Mindestkäuferquote (25 %) in Fällen zu erkennen, in denen Ehegatten je zur Hälfte Eigentum erwerben wollten oder eine ungerade Anzahl von Mietern auf einer Liegenschaft vorhanden sei. Derartige Fragen stellen sich hier allerdings nicht, weil in der Wohnhausanlage mit insgesamt 41 Wohnungen allein der Vater der Antragstellerin auf das Angebot der Antragsgegnerin eingegangen ist, sodass am Verfehlen der Mindestkäuferquote keinerlei Zweifel bestehen kann.
8. Warum das Grundrecht auf Schutz des Eigentums vorliegend verletzt sein könnte, vermag die Antragstellerin nicht plausibel zu machen.
Die Vorinstanzen haben damit die Begehren der Antragstellerin mit Recht verneint, ohne dass sich bei dieser Beurteilung erhebliche Rechtsfragen stellten. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist daher wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 MRG, § 22 Abs 4 WGG) unzulässig und zurückzuweisen.