12Os157/08t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Jänner 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Trebuch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter H***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 104 Abs 1, Abs 3 erster und zweiter Fall und Abs 5 FrG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Peter H***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Februar 2008, GZ 044 Hv 44/07x-654, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Peter H***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Schuld- und (Teil )Freisprüche anderer Angeklagter enthaltenden Urteil wurde Peter H***** schuldig erkannt, das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (A) und „das Vergehen der Bandenbildung bzw der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB i. d.F.v. BGBl. I Nr. 34/2000 bzw. BGBl. I Nr. 134/2002" (D/I) begangen zu haben.
Danach hat er sich, soweit im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren von Bedeutung,
(D/I) in der Zeit vom Jahr 2001 bis zum Juni 2004 „mit zwei oder mehreren anderen mit dem Vorsatz verbunden, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Verbindung fortgesetzt strafbare Handlungen nach § 104 Abs 2 bis 5 des Fremdengesetzes 1997 ausgeführt werden bzw ab 1. 10. 2002 an dieser kriminellen Vereinigung beteiligt", indem er sich mit Alois K*****, Zorica R*****, Milivoje J***** und seinem Vorgesetzten an der österreichischen Botschaft in Budapest, Johann Ra*****, sowie mehreren als Vermittler und Chauffeure agierenden Personen zur Förderung gewerbsmäßiger, „als Mitglied einer Bande bzw ab 1. 10. 2002 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung" von Nachgenannten vorgenommener Schleppungen zusammenschloss und diese fortgesetzt dabei unterstützte, nämlich Zorica R*****, die in der Zeit vom Jahresanfang 2002 bis zum Jänner 2003 dreißig serbische Staatsangehörige für die illegale Einreise nach Österreich oder in einen anderen Schengenstaat anwerben ließ und für diese inhaltlich unrichtige, teils gefälschte Einladungsschreiben beschaffte oder verfasste, auf deren Basis Peter H***** sodann Schengen-Visa erteilte, wofür Zorica R***** pro Visumwerber zwischen 250 und 2.000 Euro erhielt, sowie
Alois K*****, der vom Jahresanfang 2002 bis zum Juni 2004 3.206 moldawische Staatsangehörige für die illegale Einreise nach Österreich oder in einen anderen Schengenstaat anwerben ließ und für diese inhaltlich unrichtige Einladungsschreiben und Verpflichtungserklärungen eines de facto von ihm geführten Unternehmens verfasste oder verfassen ließ, auf deren Basis Peter H***** sodann Schengen-Visa erteilte, wofür Alois K***** pro Visumwerber 140 Euro erhielt.
Rechtliche Beurteilung
Die nur gegen diesen Schuldspruch aus Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter H***** geht fehl.
Die Rechtsrüge vermisst Feststellungen zum Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zu den beschriebenen kriminellen Zwecken. Dabei unterlässt sie die gebotene Gesamtbetrachtung der Urteilsfeststellungen und des - zu deren Verdeutlichung heranzuziehenden - Urteilstenors (RIS-Justiz RS0117247), wonach sich der Beschwerdeführer mit Alois K*****, Zorica R*****, Milivoje J***** und Johann Ra***** sowie mehreren Vermittlern und Chauffeuren zur Durchführung der beschriebenen Schleppungen zusammenschloss und diese Personen mehrere Jahre hindurch ein kriminelles Netzwerk bildeten, in dessen Rahmen sie die illegale Einreise von insgesamt mehr als 3.000 Personen in den Schengenraum förderten (US 57, 77 f, 109 f, 123, 127), und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Rechtlich verfehlt ist die Subsumtion der von der Nichtigkeitsbeschwerde umfassten Taten unter den Tatbestand des § 278 Abs 1 StGB in den Fassungen BGBl I 2000/34 und BGBl I 2002/134, weil die geltende Gesetzesfassung dieselbe Strafdrohung enthält wie jene, womit die Gesetze, die zur Zeit der Tat gegolten haben, für den Beschwerdeführer in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger waren als die nunmehrige Rechtslage (§ 61 StGB). Da der aufgezeigte Rechtsfehler dem Beschwerdeführer aber nicht zum Nachteil gereicht, hatte eine amtswegige Maßnahme iS des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO zu unterbleiben. Entsprechendes gilt für die (andere Angeklagte betreffenden) Schuldsprüche C/I und C/II wegen Verbrechen der Schlepperei nach § 104 Abs 1, Abs 3 erster und zweiter Fall und Abs 5 FrG (s § 114 Abs 2 und Abs 5 FPG).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.