4Ob181/08h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GesmbH Co KG, *****, vertreten durch die Korn Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 65.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 18. August 2008, GZ 2 R 124/08g-11, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 19. Mai 2007, GZ 19 Cg 58/08p-6, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht verbot der Beklagten, Gewinnspiele anzukündigen/zu bewerben/durchzuführen, wenn über die zu gewinnenden Preise insofern unrichtige Angaben gemacht werden, als entgegen der tatsächlichen Verfügbarkeit eine Gewinnchance für jeden Tag eines bestimmten Zeitraums in Aussicht gestellt wird. Die Ankündigung der Beklagten, ab 2. März 2008 jeden Tag ein EM-Ticket zu verlosen, sei unzutreffend gewesen, weil derartige Verlosungen bis 6. März 2008 nicht stattgefunden hätten. Diese Geschäftspraktik sei gemäß § 2 Abs 2 iVm Anh Z 19 UWG jedenfalls als irreführend einzustufen, weshalb für die Heranziehung der in § 2 Abs 1 und 3 UWG genannten Kriterien kein Raum bleibe.
Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob auch bei per-se Verboten nach dem Anhang zum UWG idF der Novelle 2007 BGBl I 79 in jedem Fall zu prüfen sei, ob die Spürbarkeitsgrenze des § 1 Abs 1 Z 1 und 2 UWG überschritten worden sei (zu 4 Ob 42/08t sei dies ausdrücklich offen gelassen worden).
Auch in diesem Fall muss die von der Beklagten aufgeworfene Frage nicht allgemein beantwortet werden, ist doch die - tatsächlich unrichtige - Behauptung, jeden Tag ein Ticket zu verlosen, jedenfalls geeignet (zumindest einen) Durchschnittsverbraucher wesentlich zu beeinflussen, also in Ansehung der beworbenen Zeitung zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht getroffen hätte. Die Ankündigung täglicher Verlosungen soll doch offensichtlich ein permanentes Interesse an der Zeitung erwecken und damit den Absatz fördern.
Auch die Frage, ob das hier beanstandete Verhalten unter Z 19 des Anhangs zum UWG zu subsumieren ist, ist für die Berechtigung des bekämpften Unterlassungsgebots ohne Bedeutung: Legte man Z 19 des Anhangs zum UWG im Sinn der Beklagten so (eng) aus, dass nur das gänzliche Unterbleiben angekündigter Gewinnausspielungen tatbestandsmäßig wäre, so müsste geprüft werden, ob eine irreführende Geschäftspraktik nach § 2 UWG vorliegt oder letztlich ein Verstoß gegen die Generalklausel des § 1 Abs 1 UWG vorliegt (vgl 4 Ob 42/08t mwN). Dies wäre aber unzweifelhaft zu bejahen, widerspricht es doch jedenfalls der beruflichen Sorgfalt eines Unternehmers, tägliche Verlosungen anzukündigen und dies in der Folge - auch nur teilweise - nicht einzuhalten. Dass diese Geschäftspraktik das Verbraucherverhalten zu beeinflussen vermag, wurde bereits festgehalten.
Im Übrigen wirft die nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmende Beurteilung des Eindrucks auf die angesprochenen Verkehrskreise und der Irreführungseignung - von einer hier nicht vorliegenden vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehlbeurteilung abgesehen - keine erheblichen Rechtsfragen auf (RIS-Justiz RS0043000, RS0053112). Da die Beklagte sohin keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist ihr Revisionsrekurs zurückzuweisen.