JudikaturOGH

11Os163/08t – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. November 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. November 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Schwab, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schmidmayr als Schriftführer, in der Strafsache gegen DI Konstantin M***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 75 StGB, AZ 335 HR 65/08f des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Beschwerdegericht vom 19. September 2008, AZ 18 Bs 333/08i (= ON 387 des HR-Aktes), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

DI Konstantin M***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde (ON 385) des DI Konstantin M***** gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. September 2008 auf Fortsetzung der am 21. Mai 2008 verhängten Untersuchungshaft (ON 360, 384) nicht Folge und ordnete seinerseits die Fortsetzung der bedingt obligatorischen Untersuchungshaft (§ 173 Abs 6 StPO) „aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr (§ 173 Abs 2 Z 1, 3 lit a und b StPO)" an (ON 387).

In diesem Beschluss ging das Oberlandesgericht, was die Sachverhaltsgrundlage des rechtlich als Verbrechen des Mordes nach §§ 15,12 zweiter Fall, 75 StGB beurteilten dringenden Tatverdachts betrifft, zusammengefasst davon aus, dass DI Konstantin M***** den bereits rechtskräftig unter anderem wegen verbrecherischen Komplotts nach § 277 Abs 1 StGB verurteilten Valentyn M***** „angestiftet habe, einen Mord ausführen zu lassen", der daraufhin Vitalij I***** bestimmt habe, welcher seinerseits wiederum eine weitere Person, die sich als Vertrauensperson an die österreichischen Sicherheitsbehörden gewandt habe, beauftragt und bereits bezahlt habe, Johann R***** zu ermorden. Die dafür entscheidenden Erwägungen leitete das Beschwerdegericht über die Betrachtung der einzelnen Beweismittel hinaus maßgebend auch aus deren Zusammenhang ab.

Rechtliche Beurteilung

In der gegen diese Entscheidung erhobenen Grundrechtsbeschwerde wird zunächst vorgebracht, das Oberlandesgericht habe unbeachtet gelassen, dass die Verhaftung des DI Konstantin M***** in der Ukraine bereits am 11. Februar 2008 erfolgt sei und „somit er seit diesem Zeitraum sich in anrechenbarer Haft" befinde.

Insoweit fehlt es an der nach § 1 Abs 1 GRBG erforderlichen Ausschöpfung des Instanzenzuges, denn in der Haftbeschwerde wurde ein entsprechender Einwand gar nicht erhoben (RIS-Justiz RS0114487). Sollte sich die vorgetragene Auffassung - was in der Grundrechtsbeschwerde allerdings undeutlich bleibt (s dagegen § 3 Abs 1 GRBG) - auf die Sechsmonatsfrist des § 178 Abs 2 StPO beziehen, ist sie im Übrigen unzutreffend (Kirchbacher/Rami, WK-StPO § 194 aF Rz 2 mwN; Untersuchungshaft vom 11. bis zum 23. Dezember 2004 und seit 21. Mai 2008).

Der weitere Einwand, das Oberlandesgericht habe die Haftvoraussetzung des dringenden Tatverdachts unrichtig beurteilt, bezieht sich nach dem dazu erstatteten Vorbringen auf die Sachverhaltsgrundlagen dieses Verdachts (maW auf die sogenannte Feststellungsebene und die Begründungsebene der Beschwerdeentscheidung; Kirchbacher/Rami, WK-StPO § 179 aF Rz 11).

Die Grundrechtsbeschwerde verfehlt jedoch den in der angefochtenen Entscheidung gelegenen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0106464 [T4], RS0110146 [T12], RS0112012 [T5]), indem sie reklamiert, „dass die Angaben des Valentin M***** weder im Detail noch in ihrer Gesamtheit jemals korrekt in die Entscheidungsfindungen eingeflossen sind, sondern in den Beschlüssen stets in aktenwidriger Weise wiedergegeben worden sind", und geltend macht, dass bis zur nunmehr vorliegenden Entscheidung des Oberlandesgerichts „durch die ermittelnden Behörden in Anzeigen, Beschlüssen und Rechtsmittelentscheidungen" die „frei erfundene These" vertreten worden sei, der Genannte sei geständig, von DI Konstantin M***** einen Mordauftrag erhalten zu haben, das Oberlandesgericht Wien habe noch in seiner Entscheidung vom 13. Mai 2008, AZ 18 Bs 138/08p, die Aussagen des M***** aktenwidrig herangezogen.

Soweit der Angeklagte „die Korrektur des bis dahin irrig und aktenwidrig angenommenen Aussageinhalts" der Angaben des Valentin M***** als unvollständig rügt, indem es davon ausgegangen sei, dass dieser angegeben habe, er habe von DI Konstantin M***** „lediglich" den Auftrag erhalten, „jemanden zu finden, der R***** zumindest am Körper verletzt (zusammenschlägt - AS 343/Band I)" (S 4 oben der Beschwerdeentscheidung), und insoweit auch Aktenwidrigkeit (§ 10 GRBG iVm § 281 Abs 1 Z 5 fünfter Fall StPO) einwendet, indem er den Angaben des Genannten „einen ganz anderen Aussageinhalt" beimisst, greift er der Sache nach die beweiswürdigenden Erwägungen des Beschwerdegerichts zur Frage an, wie weit der Anschlag auf R***** reichen sollte (s den - in der Beschwerde übergangenen - Zusammenhang der in Kritik gezogenen Begründungspassage mit den vorangehenden Ausführungen S 3 unten der Beschwerdeentscheidung) und von wem der Auftrag dazu stammte. Dabei ignoriert die Beschwerde auch die weiters vom Oberlandesgericht herangezogene Aussage des Valentin M***** über die Rolle des DI Konstantin M***** (S 2 unten der Beschwerdeentscheidung; vgl S 349d/I). Solcherart wird kein Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung aufgezeigt. Gleiches gilt für die Plausibilitätserwägungen des Oberlandesgerichts über die Angaben der Vertrauensperson, die aussagte, einen Auftrag zur Ermordung des R***** erhalten zu haben (S 4 der Beschwerdeentscheidung).

Die in der Grundrechtsbeschwerde angestellten Erörterungen der Aussagen der Zeugen Fritz S***** (487 f/I), Wolfgang S***** (479 f/II), Yaroslava K***** (ON 198) und Karina H***** (ON 166) stellen Beweiswerterwägungen des Angeklagten dar, die keinen Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung ansprechen. Die keine Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit aufzeigende Grundrechtsbeschwerde war somit ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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