15Os86/08y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. August 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Harammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert K***** wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 12. Februar 2008, GZ 10 Hv 185/07p-57, sowie über die Beschwerde des Genannten gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Teilfreisprüche enthält, wurde Robert K***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (I.), des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB (II.A.1.), des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (II.A.2.) sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II.B.) schuldig erkannt. Danach hat er - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung -
...
II. in St. Lorenzen bei Scheifling
A) am 9. Oktober 2007
1. an einer fremden Sache, nämlich an dem im Eigentum seiner Mutter Annemarie K***** stehenden Wohnhaus F*****, ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, „indem er den an der Außenseite des Wohnhauses gelagerten Holzstoß unter Zuhilfenahme von Grillanzündern entzündete, wobei ein Übergreifen des Brandes auf das gesamte Objekt nur aufgrund des unverzüglichen Löschens mittels eines Feuerlöschers durch Annemarie K***** und durch das Eingreifen von Stefan K***** hintangehalten werden konnte, und es daher beim Versuch blieb;
2. unmittelbar nach der zu II.A.1. beschriebenen Handlung seinem Bruder Stefan K***** eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zugefügt, indem er ihm mit einem Küchenmesser mit einer 20 cm langen Klinge einen Stich in die linke Schulter versetzte (Perforation des Schulterblattes)".
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diesen Schuldspruch gerichtete, auf Z 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581). Bei Ausführung materiell-rechtlicher Nichtigkeitsgründe muss daher unter Heranziehung der tatsächlich getroffenen Urteilsfeststellungen ein Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz vorgenommen und auf dieser Grundlage der Einwand entwickelt werden, dass dem Erstgericht bei Beurteilung dieses Urteilssachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen sei (RIS-Justiz RS0099810). Auch die Behauptung von Feststellungsmängeln kann prozessordnungsgemäß nur unter Zugrundelegung aller tatsächlichen Urteilsannahmen erfolgen und erfordert die Darlegung, dass Verfahrensergebnisse auf bestimmte rechtlich erhebliche Umstände hingewiesen haben und dessen ungeachtet eine entsprechende klärende Feststellung unterlassen wurde (RIS-Justiz RS0099689).
Die zu Faktum II.A.1. erhobene, eine Verurteilung lediglich wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) bringt vor, der Vorsatz des Angeklagten sei keinesfalls auf die Herbeiführung einer Feuersbrunst gerichtet gewesen. Damit übergeht sie aber die eindeutigen, den Eventualvorsatz auch in Bezug auf das Tatbild des § 169 Abs 1 StGB konstatierenden Annahmen des Erstgerichts (US 8 f) und verfehlt so die gebotene Orientierung am Verfahrensrecht.
Soweit man diese Argumentation als Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) verstehen will, scheitert sie an der logisch und empirisch mängelfreien Begründung der Tatrichter zur subjektiven Tatseite, die diese nicht nur auf die Begehensweise, sondern auch auf zwei Ankündigungen des Angeklagten, „die Bude anzuzünden", sowie auf dessen eigene Verantwortung gründeten (US 13).
Zum Schuldspruch II.B.2. behauptet die Rechtsrüge (Z 9 lit b), „sämtliche Voraussetzungen für die Annahme eines Rechtfertigungsgrundes der Notwehr gemäß § 3 Abs 1 StGB" seien gegeben. Sie vermag aber einerseits keine auf eine Notwehrsituation hinweisende Beweisergebnisse anzugeben und vernachlässigt andererseits die das Vorliegen eines rechtfertigenden Sachverhalts ausschließenden Feststellungen der Tatrichter (US 9 iVm US 14). Mit dem unsubstantiierten Vorbringen, die Aussagen des Zeugen Stefan K***** vor den Beamten der Polizeiinspektion Sch***** sowie vor dem Untersuchungsrichter seien widersprüchlich gewesen, wird auch kein Begründungsdefizit aufgezeigt (der Sache nach Z 5 vierter Fall). Wenn die Subsumtionsrüge (zu II.B.2) schließlich eine Verurteilung lediglich wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB anstrebt, weil die subjektive Tatseite des § 87 Abs 1 StGB „zu Unrecht angenommen" wurde, übergeht sie die unmissverständlichen Annahmen der Tatrichter zum Vorsatz des Angeklagten (US 9: „.... wobei es ihm darauf ankam, seinem Bruder eine schwere Körperverletzung zuzufügen.") und erweist sich somit als in diesem Anfechtungsrahmen verfehlte Beweiswürdigungskritik. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.