JudikaturOGH

15Os142/07g – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Juni 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juni 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärter Mag. Puttinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Harald M***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Harald M***** und Maria M***** sowie über die Berufung des Angeklagten Maximilian P***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 2. Mai 2007, GZ 8 Hv 116/06g-197, weiters über die Beschwerden der Angeklagten Harald M***** und Maximilian P***** gegen den Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Harald M***** wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen dieses Angeklagten und des Angeklagten Maximilian P***** sowie über die Beschwerden der Angeklagten Harald M***** und Maximilan P***** werden die Akten zunächst dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Maria M***** sowie aus deren Anlass wird das Urteil im diese Angeklagte betreffenden Schuldspruch zu B./II./2./a./ und in der rechtlichen Unterstellung der ihr zu B./II./2./b./ zur Last liegenden Taten auch nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF wie auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Mit ihrer Berufung wird diese Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Den Angeklagten Harald M***** und Maria M***** fallen die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch weitere Schuldsprüche und Teilfreisprüche enthält, wurden Harald M***** (zu B./I./1./ und 2./) des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2 erster Fall SMG, (zu B./II/1./) des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG sowie der Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall, Abs 2 Z 2 erster Fall SMG, teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, (zu B./III./1./) der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG, (zu D./I./) des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall WaffG, (zu D./II./1./a./aa./, bb./ sowie 2./) der Verbrechen der teils versuchten schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1, 15 StGB, (zu D./II./1./a./cc./ und b./) der Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und (zu D./III./) des Vergehens der versuchten Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB, Maria M***** (zu B./II./2./a./) der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 Z 2 erster Fall SMG und (zu B./II./2./b./) der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG schuldig erkannt.

Danach haben - soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden

von Bedeutung - in Graz und anderen Orten

B./ den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift

I./ Harald M***** in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge ein- und ausgeführt, indem er von April bis zum 17. Juli 2005 in mehreren im Urteil näher beschriebenen Fahrten, teilweise in bewusstem und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter, insgesamt zumindest 480 g Kokain in einem PKW aus den Niederlanden über Deutschland nach Österreich schmuggelte,

II./ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Harald M***** in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge, Maria M***** in einer nicht großen Menge teils in Verkehr gesetzt, teils in Verkehr zu setzen versucht, und zwar

1./ Harald M*****, indem er zwischen Anfang Mai und 31. August 2005 in mehreren im Urteil genannten Angriffen anderen Personen insgesamt zumindest 940 g Kokain überließ oder verkaufte

2./ Maria M*****, indem sie

a./ im Frühjahr 2005 ca 5 g Kokain erwarb, besaß und an Elisabeth

G***** gewinnbringend verkaufte und

b./ am 17. Juli 2005 ca 10 g Kokain erwarb und besaß und Harald M***** zwecks Weitergabe an Maximilian P***** übergab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die getrennt ausgeführten, jeweils auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Harald M***** und Maria M*****.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Harald M*****:

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider blieben die Feststellungen zum Reinheitsgehalt des Kokains und zum Fünfundzwanzigfachen der Grenzmenge iSd § 28 Abs 4 Z 3 SMG nicht unbegründet, sondern wurden von den Tatrichtern aktenkonform (vgl insbes S 79/VIII iVm S 813/VI sowie S 805/VI) und rechnerisch richtig auf die Auswertungen der sichergestellten Suchtgiftmengen und die Angaben der Angeklagten gegründet (S 411/VIII). Soweit die Beschwerde meint, es sei nur ein Reinheitsgehalt von 8 bis 15 % erweislich, bekämpft sie in unzulässiger Form die tatrichterliche Beweiswürdigung. Mit der Behauptung, zu einzelnen Fakten gebe es „faktisch keine Beweisergebnisse", wird gleicher Maßen kein Nichtigkeitsgrund dargetan. Warum das festgestellte - auf die Aussage der Zeugen Heimo und Elisabeth G***** gestützte (S 371/VIII) - kommissionsweise Überlassen von 100 g Kokain an Heimo G***** Mitte August 2005 (S 327/VIII) im konstatierten Verkauf von mindestens 96 g Kokain an Elisabeth G***** im Zeitraum Juni bis August 2005 „enthalten" sein soll und diesbezüglich eine „doppelte Verurteilung" vorliege, legt die Beschwerde nicht dar.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) geht nicht von den erstgerichtlichen Feststellungen eines Reinheitsgehalts des Kokains von rund 80 % aus, sondern bestreitet sie und vernachlässigt damit das bei Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrunds bestehende Gebot des Vergleichs der Urteilsannahmen tatsächlicher Natur mit dem darauf angewendeten Gesetz.

Die Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden dieses Angeklagten, und des Angeklagten Maximilian P***** folgt (§ 285i StPO).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Maria M*****:

Die ausschließlich gegen die Annahme der Qualifikation auch des § 27 Abs 2 Z 2 erster Fall SMG gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) legt nicht dar, warum durch die Urteilsformulierung, die Beschwerdeführerin habe Suchtgift in Verkehr gesetzt, „um sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen" (S 355/VIII), die Vorsatzform absichtlichen Handelns iSd § 5 Abs 2 StGB nicht beschrieben worden sei (vgl Reindl in WK2 § 5 Rz 27).

Soweit sie jedoch - der Sache nach aus Z 5 vierter Fall - eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit rügt, ist sie im Recht. Denn die vom Schöffengericht dazu lediglich pauschal für alle Angeklagten gemeinsam dargelegten Erwägungen (ua „umfangreiche Tathandlungen", S 411/VIII) passen auf die Beschwerdeführerin schon deshalb nicht, weil dieser insgesamt nur zwei Tathandlungen zur Last liegen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof überdies, dass dem Urteil keine Feststellungen zu den – neben dem Inverkehrsetzen nach § 27 Abs 1 sechster Fall SMG zu B./II./2./b./ – von den Tatrichtern hiezu auch und zu B./II./2./a./ ausschließlich angenommen Qualifikationen nach dem ersten und zweiten Fall des § 27 Abs 1 SMG aF zu entnehmen sind (vgl S 355/VIII). Die den Gesetzeswortlaut wiedergebenden Ausführungen im Urteilsspruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO; s US 5) vermögen die fehlenden Feststellungen nicht zu ersetzen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 580). Das Urteil war daher betreffend Maria M***** im Schuldspruch zu B./II./2./a./ und in der rechtlichen Unterstellung der ihr zu B./II./2./b./ zur Last liegenden Taten auch nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG aF wie auch im Strafausspruch aufzuheben und es war in diesem Umfang die Verfahrenserneuerung anzuordnen. Mit ihrer Berufung war diese Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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