8Ob21/08h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S***** G*****, geboren am 20. August 1992, über den Rekurs des Vaters Dr. *****, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 23. Oktober 2007, GZ 12 Nc 34/07b 2, mit dem die von sämtlichen bei ***** Gerichten tätigen Richter(innen) und in Außerstreitsachen eingesetzten Rechtspfleger(innen) angezeigte Befangenheit als gegeben festgestellt und zur Führung der Pflegschaftssache das Bezirksgericht Innere Stadt Wien bestimmt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der im Rekurs enthaltene Antrag des Rekurswerbers auf Zurückweisung des Schriftsatzes des Jugendwohlfahrtsträgers vom 24. August 2007 wird zurückgewiesen.
Im Übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.
Der „Nachhang zum bereits eingebrachten Rekurs" vom 22. April 2008 wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Jugendwohlfahrtsträger beantragte unter Berufung auf § 212 Abs 2 ABGB als Sachwalter der mj *****, „den gewöhnlichen Aufenthalt der Minderjährigen zu bestimmen und den Unterhalt für den unterhaltspflichtigen Elternteil festzusetzen".
Unter Hinweis darauf, dass der Vater der Minderjährigen Richter des Landesgerichts ***** sei, erklärten sich sämtliche Richter(innen) und der in Außerstreitsachen tätige Rechtspfleger des zur Entscheidung über diesen Antrag berufenen Bezirksgerichts ***** als befangen. Sämtliche Richter(innen) des Landesgerichts ***** und schließlich auch sämtliche Richter(innen) und in Außerstreitsachen tätigen Rechtspfleger(innen) aller übrigen ***** Bezirksgerichte zeigten darauf ebenfalls ihre Befangenheit an.
Das Oberlandesgericht Wien, dem diese Befangenheitsanzeigen vom Präsidenten des Landesgerichts ***** iSd § 23 JN zur Entscheidung vorgelegt wurde, stellte mit dem angefochtenen Beschluss die von den betroffenen Richter(innen) und Rechtspfleger(innen) angezeigte Befangenheit fest und bestimmte zur Führung der Pflegschaftssache das Bezirksgericht Innere Stadt Wien.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Vaters, mit dem dieser beantragt, den Antrag des Jugendwohlfahrtsträgers vom 24. 8. 2007 zurückzuweisen, hilfsweise, zur Führung der Pflegschaftssache das Bezirksgericht *****, allenfalls das Bezirksgericht *****, zu bestellen.
Rechtliche Beurteilung
Der im Rekurs gestellte Antrag auf Zurückweisung des Schriftsatzes des Jugendwohlfahrtsträgers vom 24. 8. 2007 ist nicht zulässig; im Übrigen ist der Rekurs nicht berechtigt.
Zur Entscheidung über den in der Sache selbst gestellten (verfahrenseinleitenden) Schriftsatz des Jugendwohlfahrtsträgers vom 24. 8. 2007 ist der Oberste Gerichtshof funktionell nicht zuständig. Das Verfahren über die angezeigte Befangenheit soll bloß klären, wer das Verfahren über diesen Antrag durchzuführen und schließlich zu entscheiden hat. Eine Entscheidung über den in der Sache gestellten Antrag selbst ist aber im Ablehnungs- bzw Befangenheitsverfahren nicht zulässig. Der darauf gerichtete Antrag des Rekurswerbers war daher - ohne dass auf die umfangreichen Rekursausführungen zur Unzulässigkeit bzw zur mangelnden Berechtigung dieses Antrags einzugehen war - zurückzuweisen.
Die (im Übrigen gemäß § 24 Abs 2 JN unanfechtbare) Feststellung der Befangenheit der betroffenen Richter(innen) und Rechtspfleger(innen) wird im Rekurs nicht in Frage gestellt, wohl aber die Entscheidung, zur Fortführung der Pflegschaftssache das Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu bestimmen.
Der Rekurswerber macht dazu geltend, dass die von ihm bevorzugten Gerichte (*****) für ihn und für seine Tochter wegen der geringeren Entfernung bequemer, zeitsparender und kostengünstiger zu erreichen seien, als das im angefochtenen Beschluss bestimmte Gericht in Wien.
Wenngleich die vom Rekurswerber betonten Unterschiede in den Entfernungen nicht allzu groß sind und auch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien für alle Beteiligten leicht erreichbar ist, trifft dieser Einwand grundsätzlich zu. Dennoch ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien nicht zu beanstanden.
Grund für die Feststellung der Befangenheit der bei den ***** Gerichten tätigen Richter(innen) und Rechtspfleger(innen) war es (jedenfalls auch), den Eindruck der Befangenheit zu vermeiden, der sich aus der Tätigkeit des Rekurswerbers als Richter am Landesgericht ***** ergeben kann. Die Gefahr eines derartigen Eindrucks ist naturgemäß in erster Linie deshalb gegeben, weil das Landesgericht *****, an dem der Rekurswerber tätig ist, den ***** Bezirksgerichten im Instanzenzug übergeordnet ist. Dennoch wird der Eindruck der Befangenheit umso eher vermieden werden können, wenn das die Pflegschaftssache führende Gericht nicht - wenn auch in einem anderen Gerichtssprengel - in unmittelbarer Nähe des Gerichts des Rekurswerbers gelegen ist. Gerade die vom Rekurswerber betonte Nähe der von ihm bevorzugten Gerichte zu ***** lässt daher die Bestimmung des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien zur Fortführung der Pflegschaftssache nicht unplausibel erscheinen. Das Oberlandesgericht Wien hat daher mit der von ihm vorgenommenen Delegierung den ihm zustehenden Ermessensspielraum nicht überschritten, sodass dem dagegen erhobenen Rekurs ein Erfolg zu versagen war.
Der vom Rekurswerber eingebrachte „Nachhang zum bereits eingebrachten Rekurs" war zurückzuweisen, weil auch im außerstreitigen Verfahren der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels gilt und Nachträge und Ergänzungen des einmal eingebrachten Rekurses daher nicht zulässig sind (RIS Justiz RS0007007; zuletzt etwa 6 Ob 300/06w; Fucik / Kloiber , Außerstreitgesetz § 45 Rz 6). Zudem wurde der „Nachhang" mehr als drei Monate nach Ablauf der Rekursfrist eingebracht.