JudikaturOGH

12Os153/07b – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Latif I***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. September 2007, GZ 022 Hv 69/07m-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Latif I***** des Verbrechens des (teils beim Versuch [§ 15 StGB] gebliebenen) gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 dritter Fall StGB (I), des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 dritter Fall StGB (II) und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB (III) schuldig erkannt.

Danach hat er am 16. Juli 2007 in Wien

I. fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert nachgenannten Personen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, weggenommen bzw wegzunehmen versucht, und zwar:

1) Gewahrsamsträgern des Juweliers K***** einen Ehering im Wert von 400 Euro weggenommen;

2) Gewahrsamsträgern des Juweliers W***** einen Brillantring im Wert von knapp 57.700 Euro wegzunehmen versucht;

II. mit Gewalt den Polizeibediensteten Andreas S***** an einer Amtshandlung, nämlich seiner Bewachung nach Perlustrierung zum Abtransport durch den Arrestantenwagen, zu hindern versucht, indem er einen Sessel gegen dessen Schienbein schleuderte;

III. zugleich durch die zu Punkt II angeführte Tat einen Beamten, nämlich den SWB Andreas S*****, während und wegen der Vollziehung seiner Aufgaben „oder" der Erfüllung seiner Pflichten vorsätzlich am Körper verletzt, nämlich eine 2 cm lange Schürfwunde am Schienbein zugefügt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen erhebt der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO.

Der Aktenwidrigkeit behauptenden Mängelrüge (Z 5) zuwider gibt das Erstgericht den Inhalt des amtsärztlichen „Verletzungsdokublattes" (S 31) nicht in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wieder. Denn nach der Aktenlage (S 20) war die Polizeiamtsärztin nicht wegen der Folgen angeblicher Tätlichkeiten von Polizisten gegenüber dem Angeklagten (die dieser erstmals in der Hauptverhandlung vorbrachte - S 333 ff) beigezogen worden, sondern wegen des zum Festnahmezeitpunkt indizierten (naturgemäß zeitlich davorliegenden) Verschluckens eines gestohlenen Rings durch den Verdächtigen und möglicherweise daraus resultierender Verletzungen. Entgegen der Spekulation des Beschwerdeführers bezog sich der von den Tatrichtern nicht erwähnte Teil der sonst in die Beweiswürdigung einbezogenen Urkunde (nach der „keine sichtbaren äußeren Verletzungen zu erkennen waren" - US 11) „Verletzung vor der Amtshandlung" nicht auf die Tätigkeit der Amtsärztin, sondern auf das polizeiliche Einschreiten wegen Verdachts qualifizierter Diebstähle (S 5 ff). Damit fehlt es aber an der Erörterungsbedürftigkeit im Zusammenhang mit den Schuldsprüchen II und III (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 466 f; RIS-Justiz RS0099431).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) übergeht mit dem Vorwurf, „die Feststellung, der Angeklagte habe dies (das Vorliegen der nach § 128 Abs 2 StGB qualifizierenden Tatumstände) in Kauf genommen", entspreche nicht den notwendigen Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Richtung der erwähnten Deliktsqualifikation, die erstgerichtlichen Ausführungen US 7, wonach der Nichtigkeitswerber absichtlich möglichst teure Ringe erbeuten wollte, wobei er den Wert des gestohlenen Brillantrings (Schuldspruch I 2) in seine Überlegungen miteinbezog (s auch US 10). Durch die isolierte Analyse einer Urteilspassage ohne Beachtung des Gesamtzusammenhangs wird die gemutmaßte materiellrechtliche Nichtigkeit nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung gebracht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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