JudikaturOGH

5Ob216/07m – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Januar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Edith W*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Kirnbauer, Mieterschutzverband Österreichs, 1070 Wien, Döblergasse 2, gegen die Antragsgegner 1. Dr. Gerhard E*****, 2. Herta Inge S*****, 3. Eigentümergemeinschaft *****, Z*****gasse 21, alle vertreten durch Dr. Hermann Geissler, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG iVm § 6 Abs 1 MRG, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. September 2006, GZ 41 R 161/06i 30, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 15. Mai 2006, GZ 35 Msch 25/04h 25, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 10.000 EUR, und es änderte - nach Zulassungsvorstellung - seinen Ausspruch nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG dahin ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt wurde. In Wien existierten zahlreiche Miethäuser mit vergleichbar „problematischen" alten Abflussrohren, sodass der Rechtsfrage der - von den Vorinstanzen bejahten Erhaltungspflicht des Vermieters eine weit über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme. Überdies wäre eine Klarstellung des Obersten Gerichtshofs wünschenswert, ob die hier vorliegende „latente Gefahr" der regelmäßigen Verstopfung des Abwasserstrangs und dadurch verursachter Wasserschäden die rechtliche Schlussfolgerung des Rekursgerichts rechtfertige, dass die erforderlichen Erhaltungsarbeiten als solche im Sinn des § 3 Abs 3 Z 2 lit c MRG zu qualifizieren seien.

Die Antragsgegner machen in ihrem Revisionsrekurs zusammengefasst geltend, es sei unstrittig zu Wasserschäden gekommen, die ua auf die zu geringe Dimensionierung des Abwasserstrangs und die durch die eingeleiteten Abwässer entstehende Verseifung zurückzuführen seien. Einen undichten Teil des Abflussrohrs hätten die Antragsgegner repariert und es sei dann seit 2003 zu keinem weiteren Schaden gekommen; die Reparatur sei daher erfolgreich gewesen. Damit gleiche die Situation aber jener in sämtlichen Häusern aus der Jahrhundertwende/Gründerzeit. Diese hätten Abwasserstränge, die nach dem damaligen Stand der Technik hergestellt worden seien, deren technische Lebensdauer abgelaufen sei und die - unterstellt - dicht seien. Sie würden aber alle die latente Gefahr in sich tragen, dass es aufgrund des Anschlusses von Geschirrspül- und Waschmaschinen, für die diese Rohre nicht dimensioniert seien, zu Verseifungen, damit zu Verstopfungen und Undichtheiten, kommen könne. Nach Ansicht des Rekursgerichts könnte daher jeder Mieter in einem solchen Haus die komplette Erneuerung der Abflussrohre verlangen, und zwar nicht, weil sie undicht seien, sondern weil sie aufgrund ihres Zustands und des Ablaufs der technischen Lebensdauer möglicherweise/wahrscheinlich in Zukunft undicht werden könnten. Ob dies tatsächlich so sein solle, sei für die Frage der Rechtssicherheit von enormer Bedeutung.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs der Antragsgegner unzulässig; die Zurückweisung des ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG):

1. Die vom Erstgericht aufgetragenen Arbeiten betreffen den Abwasserstrang und damit die Kanalisationanlage des Hauses im Sinn des § 3 Abs 3 Z 2 lit c MRG.

2. Das Vorliegen notwendiger Erhaltungsarbeiten erscheint dem Rekursgericht und den Antragsgegnern deshalb fraglich, weil nur die „latente Gefahr" der regelmäßigen Verstopfung des Abwasserstrangs und dadurch verursachter Wasserschäden vorliege. Daraus folgt aber deshalb keine erhebliche Rechtsfrage, weil in diesem Punkt eine entscheidungswesentliche Feststellung des Erstgerichts unberücksichtigt bleibt. Nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt hat der aus dem Jahre 1916 stammende Gussabwasserstrang nicht nur seine Lebensdauer von rund 50 Jahre beinahe zweimal überdauert. „Auf Grund von Flecken im Bereiche des Mauerwerkes ergibt sich auch, dass die Muffen beim alten Gussabfallstrang undicht sind, füllt sich der Strang mit Wasser kommt es zu einem Wasseraustritt in das Mauerwerk" (erstgerichtlicher Sachbeschluss S 6 f). Mit der Behauptung, die Abwasseranlage des Hauses sei dicht und es bestehe nur eine „latente Gefahr", die Abwasseranlage könnte in Zukunft undicht werden, setzen sich daher die Antragsgegner - unzulässig - über die gegenteiligen erstgerichtlichen Feststellungen hinweg und zeigen deshalb auch keine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf.

3. Die aufgetragene Erneuerung des undichten Abwasserstrangs ist im Übrigen durch die Rechtsprechung gedeckt, wonach aus § 3 Abs 1 MRG folgt, dass die Erhaltung „im jeweils ortsüblichen Standard" für die Abgrenzung der Erhaltung von der Verbesserung von Bedeutung ist. Zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten gehören daher auch dann noch zur Erhaltung bestehender Anlagen, wenn es dabei zu einer vollständigen Erneuerung kommt („dynamischer Erhaltungsbegriff"; adäquater Ersatz im Sinn des substanzerhaltenden Austauschs; vgl RIS Justiz RS0114109).

Der Revisionsrekurs macht keine erhebliche Rechtsfrage geltend, ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

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