10ObS6/08t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Georg Eberl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz H*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Mag. Günther Katzensteiner, Rechtsanwalt in Krems, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Oktober 2007, GZ 10 Rs 116/07p-43, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Nach § 255 Abs 2 ASVG liegt ein angelernter Beruf vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse oder Fähigkeiten zu erlernen, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Es trifft zwar zu, dass ein angelernter Beruf nicht einem gesetzlich geregelten Lehrberuf entsprechen muss. Es müssen aber die qualifizierten, in der Praxis erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten an Qualität und Umfang jenen in einem Lehrberuf gleichzuhalten sein (SSV-NF 4/74; 4/94; 3/55; RIS-Justiz RS0084602). So hat der Oberste Gerichtshof beispielsweise in der Entscheidung SSV-NF 2/120 ausgeführt, dass etwa die Tätigkeit eines Schmelzers ausschließlich in der Graugießerei, auch wenn sie eine systematische Anlernung und längere Erfahrung erfordere, auf verhältnismäßig wenige, immer wiederkehrende und schematisch ablaufende Arbeitsvorgänge so spezialisiert sei, dass die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht jenen vielfältigen praktischen und auch theoretischen Kenntnissen gleichgehalten werden können, wie sie in einem Lehrberuf vermittelt werden (vgl in diesem Sinne auch SSV-NF 5/79).
Der Kläger war jahrelang in der Erzeugung von Feuerwerks- und Hagelabwehrraketen sowie beim Abschießen von Feuerwerken tätig. Er hatte bei dieser Tätigkeit mit Explosivstoffen und Zündern zu tun sowie verschiedene (explosive) Chemikalien (in unterschiedlichster Zusammensetzung) zu mischen. Zum Erwerb dieser Spezialkenntnisse bedurfte es einer mehrjährigen praktischen Tätigkeit. Da sich die vom Kläger in der Praxis erworbenen Fähigkeiten jedoch nur auf dieses eng begrenzte Aufgabengebiet bezogen, entsprachen sie nicht jenen vielfältigen praktischen und auch theoretischen Kenntnissen, wie sie in einem Lehrberuf üblicherweise vermittelt werden. Auch allein aus der Tatsache, dass vom Kläger viele Jahre hindurch immer diese gleiche Tätigkeit ausgeübt wurde, kann ebenso wie aus dem Umstand, dass diese gefährliche Tätigkeit mit einer besonderen Verantwortung verbunden war, noch nicht auf das Vorliegen eines angelernten Berufs iSd § 255 Abs 2 ASVG geschlossen werden (SSV-NF 7/91; 6/95 [hinsichtlich eines Sprengbefugten]; 10 ObS 209/90 ua). Auch wenn ein Beruf mit hoher Verantwortung verbunden ist, ist er nämlich nicht als angelernter Beruf zu qualifizierten, wenn die für seine Ausübung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht an einen Lehrberuf heranreichen (SSV-NF 7/49 ua).
Die Frage, ob der Versicherte durch die von ihm verrichtete Tätigkeit einen Berufsschutz erworben hat, ist einzelfallbezogen zu prüfen (10 ObS 89/07x). Unter Berücksichtigung der dargelegten ständigen Rechtsprechung kann in der Verneinung eines Berufsschutzes des Klägers nach § 255 Abs 2 ASVG durch die Vorinstanzen keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall wahrzunehmende Fehlbeurteilung erblickt werden.
Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.