14Os116/07a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon.-Prof. Dr. Schroll und Dr. Lässig sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Maschler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Wolfgang Sch***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. Oktober 2006, GZ 23 Hv 124/05z-477, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, einen Teilfreispruch enthaltenden Urteil wurde Mag. Wolfgang Sch***** im zweiten Rechtsgang des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (1./) sowie der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (2./) schuldig erkannt.
Danach hat er in Innsbruck und anderen Orten
1./ in der Zeit nach dem 14. August 1993 als de facto Geschäftsführer
der „Sch***** GesmbH", somit als leitender Angestellter einer
juristischen Person, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, dadurch,
dass er die Überweisung einer um 19,229.740,-- S (1,397.479,70 Euro)
überhöhten Rechnung für Kartenlieferungen an die T***** veranlasste
(Rechnung vom 14. August 1993 über 34,400.208,-- S = 2,499.960,60
Euro abzüglich 10,670.468 S = 775.453,15 Euro Materialaufwand sowie
abzüglich 4,500.000 S = 327.027,75 Euro als angemessenes Honorar für
150 Copyrights und Entwürfe in Höhe von 30.000 S = 2.180,18 Euro je
Copyright und Entwurf), Vermögensbestandteile beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung deren Gläubiger geschmälert, wobei er durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte; 2./ im Bereich des Finanzamtes Innsbruck vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige- und Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht, nämlich durch Vortäuschen eines Wohnsitzes und des Mittelpunkts der Lebensinteressen auf den Philippinen und Verheimlichen seines Einkommens und seiner Umsätze nachangeführte Abgabenverkürzungen bewirkt, und zwar:
a./ an Umsatzsteuer:
aa./ im Jahr 1990 2,499.085,-- S (181.615,58 Euro),
dd./ im Jahr 1996 7.597,-- S (552,10 Euro);
b./ an Einkommenssteuer:
im Jahr 1990 7,355.164,-- S (534.520,61 Euro).
Der dagegen vom Angeklagten erhobenen und auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
In der Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert der Beschwerdeführer die Abweisung seines Antrags auf „Ergänzung des buchhalterischen Sachbefundes zum Beweis dafür, dass im Zeitraum 1990 bis 1996 es kein Andringen von Gläubigern und keine Exekutionen gegeben hat, die Kreditlinien der Bank stets gut bedient wurden und die für die Betriebsführung notwendige Liquidität vorlag" (S 457/XIV). Diesem Beweisbegehren war schon deswegen nicht stattzugeben, weil es keinerlei Ansatzpunkte für eine gebotene ergänzende Befundaufnahme und Begutachtung durch den Buchsachverständigen nannte. Überdies ließ der Antrag offen, weshalb die dort genannten Beweisergebnisse im Bezug auf den damit angefochtenen Schuldspruch nach § 156 StGB von Relevanz wären.
Auf die erst in der Beschwerde vorgebrachten Argumente war hingegen nicht weiter einzugehen, weil die Berechtigung des Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).
Die in der Mängelrüge (Z 5) vorgebrachte Undeutlichkeit zum Schuldspruch wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB übergeht die unmissverständlichen Urteilsausführungen, wonach erst nach Einverleibung des den Gläubigern entzogenen Geldbetrages von 19,229.740,-- S (1,397.479,70 Euro) eine Teilgutmachung durch Rückführung des Geldes zur Besicherung von zugleich ausgedehnten Kreditrahmen verwendet wurde (US 14 und 16; US 49 f).
Dem Rechtsmittel zuwider geht das Urteil gerade nicht davon aus, dass sämtliche Verbindlichkeiten der Sch***** GmbH mit Geldern des Angeklagten abgesichert waren. Vielmehr stellte das erkennende Gericht fest, dass Besicherungen erfolgten, diese aber erst im Nachhinein und nicht im vollen Umfang der Außenstände - somit eben unter dem Aspekt einer Teilschadensgutmachung - getätigt wurden (US 49 f). Das auf eine Widersprüchlichkeit zwischen „entsprechender Besicherung" und „Teilschadensgutmachung" abstellende Vorbringen geht somit ins Leere.
Weshalb zur subjektiven Tatseite keine bzw offenbar unzureichende Gründe vorliegen, lässt die lediglich auf den Grundsatz „in dubio pro reo" abstellende Rüge nicht erkennen. Soweit der Nichtigkeitswerber in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass Mag. Wolfgang Sch***** die Zahlungsunfähigkeit der von ihm als tatsächlicher Geschäftsführer geleiteten Gesellschaft erst mit 30. Juni 1994 bekannt wurde (US 15), die Gläubigerbenachteiligung aber bereits nach dem 14. August 1993 erfolgte, übergeht er, dass zur Deliktsverwirklichung nach § 156 StGB weder der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit noch dessen Kenntnis durch den Täter vorausgesetzt wird.
Weshalb eine Rückführung der 1993 den Gläubigern entzogenen Gelder im Jahr 1994 bzw 1995 zur Besicherung eines gleichzeitig erweiterten Kreditrahmens im Widerspruch zur festgestellten Gläubigerbenachteiligung stehen sollte, wird im Rechtsmittel nicht dargelegt.
Die Behauptung einer Widersprüchlichkeit bzw einer offenbar unzureichenden Begründung zur faktischen Geschäftsführertätigkeit des Mag. Wolfgang Sch***** rekurriert abermals auf den Zweifelsgrundsatz und versucht darüber hinaus, diversen Zeugenaussagen eine günstigere, zu jener der Tatrichter divergierende Bedeutung zuzuerkennen. Damit vermag der Beschwerdeführer aber keine den Gesetzen logischen Denkens oder allgemeiner Lebenserfahrung widersprechende Begründungsansätze darzutun.
Die behauptete Unvollständigkeit betreffend die Annahme eines überhöhten Preises bei der Verrechnung der inkriminierten Kartenlieferungen an die T***** übergeht die ausdrücklichen Überlegungen des erkennenden Gerichtes (US 50 f) auch zur Verantwortung des Angeklagten, der eine auch bei einem so genannten Fremdvergleich bestehende Preisangemessenheit behauptet hatte. Soweit der Rechtsmittelwerber eine einzige Passage der Ausführungen des Buchsachverständigen dazu herausnimmt, um die von diesem Gutachter dargelegte überschießende Forderung als Ausgangspunkt der Gläubigerbenachteiligung in Zweifel zu ziehen, vermag der Nichtigkeitswerber keine Unvollständigkeit darzustellen, übergeht er doch die Expertise in ihrer Gesamtheit.
Die Kritik einer als unstatthafte Vermutung bezeichneten unzureichenden Begründung betreffend die Annahme einer Hinterziehung von Umsatzsteuer und Einkommensteuer im Jahr 1990 übergeht, dass sich das Erstgericht insoweit auf die Schätzungen des Finanzamtes bezog, welches mangels vorgelegter Unterlagen durch den Angeklagten auf eine solche Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage beschränkt war. Die Angaben des Beschwerdeführers, das Gutachten des Buchsachverständigen und insbesondere auch die Rechnung der T***** vom 7. Mai 1993 wurden dabei entgegen dem Rechtsmittelvorbringen explizit erwogen (US 23 und 48 sowie US 78 bis 81).
Soweit der Nichtigkeitswerber Aussagen von Zeugen zum Einkommen des Angeklagten und dem von ihm bewirkten Umsatz anders bewertet als das Schöffengericht (vgl US 80), vermag er keinen Begründungsmangel iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO aufzuzeigen.
Die Behauptung, wonach die „Berücksichtigung des Jahres 1990" bei der Berechnung von Umsatzsteuer und Einkommensteuer auf einen Irrtum zurückzuführen sei, wird in keiner Weise substantiiert und entzieht sich solcherart einer meritorischen Erwiderung.
Zur Umsatzsteuerhinterziehung im Jahr 1996 bezieht sich der eine Unvollständigkeit vorbringende Beschwerdeführer auf die wiederum aus dem Zusammenhang gerissene Aussage des in Steuerangelegenheiten für den Rechtsmittelwerber einschreitenden Ernst H***** zu einem Guthaben zur Einkommensteuer 1996, ohne darzutun, wann diese vom Zeugen behauptete Gutschrift angefallen sei. Weshalb diese Aussage angesichts der von diesem Steuerberater namens des Angeklagten für das Jahr 1996 (verspätet) eingereichten Umsatzsteuererklärung, in welcher die dem Urteil nunmehr zugrunde gelegte Abgabenschuld ausdrücklich „unter Abzug bereits geleisteter Zahlungen und bestehender Gutschriften" ausgewiesen wurde (ON 266 sowie Veranlagungsakt des Finanzamtes Innsbruck Band 2), erörterungsbedürftig wäre, wird in der Beschwerde nicht offen gelegt. Zum Vorwurf fehlender Begründung der subjektiven Tatseite betreffend die Umsatzsteuerhinterziehung aus dem Jahr 1996 (hinsichtlich der in der Beschwerde ebenfalls angesprochenen Einkommenssteuerhinterziehung aus dem Jahr 1996 erfolgte ein Freispruch) ist auf die entsprechenden Urteilspassagen zu verweisen (US 24 und 81).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich in eigenen Beweiswerterwägungen, mit denen für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen gezogen werden. Sowohl die Sanierungsbemühungen des Angeklagten als auch die Tendenzen des Zeugen Dr. T***** zur eigenen Entlastung wurden von den Tatrichtern explizit gewürdigt (US 28 f, 31 und 49 f). Damit vermag der Rechtsmittelwerber keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.
Zu den in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermissten Feststellungen zur Schmälerung der Befriedigung von Gläubigern genügt der Hinweis auf die - von der Beschwerde übergegangenen - genau darauf abstellenden Urteilsannahmen (US 13 und 49).
Gleiches gilt für den Vorwurf fehlender Feststellungen zur subjektiven Tatseite zum Vorwurf nach § 156 StGB (vgl US 17). Der Nichtigkeitswerber steht überdies auf dem Standpunkt, dass die strafrechtliche Haftung eines faktischen Geschäftsführers (§ 161 StGB) beim Tatbestand des § 156 StGB im Fall von im Firmenbuch eingetragenen Organen einer juristischen Person nur dann möglich ist, wenn der Einfluss des tatsächlich Handelnden über den des formell ausgewiesenen Geschäftsführers hinausgeht. Abgesehen davon, dass das Erstgericht genau davon ausging (vgl US 11 iVm US 29 bis 40), leitet der Angeklagte diese Position nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, sondern begnügt sich mit der bloßen Behauptung seiner Rechtsansicht.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG erschöpft sich in einen substratlosen Verweis auf die Darlegungen zur Mängelrüge ohne eine fehlerhafte rechtliche Beurteilung auszuführen. Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) zum Finanzvergehen der Abgabenverkürzung an Umsatzsteuer für das Jahr 1996 moniert insoweit das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 25 Abs 3 FinStrG, lässt aber jeglichen Hinweis auf ein Tatsachensubstrat vermissen, wonach auch die Präventionsvoraussetzungen dieser Bestimmung vorliegen würden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.