15Os125/07g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5. November 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer in der Strafsache gegen Abderahim Z***** und andere Beschuldigte wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 und Abs 3 erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 34 Ur 131/07t des Landesgerichtes Innsbruck, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Abderahim Z***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Beschwerdegericht vom 18. September 2007, AZ 6 Bs 437/07a (= ON 106), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Abderahim Z***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Beim Landesgericht Innsbruck wird gegen Abderahim Z***** Voruntersuchung wegen des Verdachtes nach § 28 Abs 2 (vierter Fall) und Abs 3 erster Fall SMG, § 164 Abs 2 StGB und § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG geführt (S 3aaa).
Über den Beschuldigten wurde mit Beschluss vom 26. Mai 2007 aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO die Untersuchungshaft verhängt (ON 29).
Der gegen die weitere Fortsetzung der Untersuchungshaft durch Beschluss des Untersuchungrichters vom 4. September 2007 (ON 96) gerichteten Beschwerde gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit dem nunmehr angefochtenen - im Wesentlichen die erstgerichtliche Begründung wiedergebenden; vgl aber RIS-Justiz RS0116421 - Beschluss vom 18. September 2007 (ON 106) nicht Folge und setzte seinerseits die Provisorialmaßnahme aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO fort.
Rechtliche Beurteilung
Der von Abderahim Z***** dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Die Beschwerde macht inhaltlich ausschließlich eine Unverhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft aufgrund einer Verletzung des Beschleunigungsgebotes (§ 193 Abs 1 StPO) geltend. Spätestens seit dem Einlangen des anatomisch-anthropologischen Gutachtens über das Lebensalter des Beschuldigten am 11. Juli 2007 (richtig: ON 63) sei der Tatverdacht hinreichend aufgeklärt und die weitere Voruntersuchung gegen den Beschuldigten nicht mehr notwendig. Die Staatsanwaltschaft hätte daher iSd § 91 Abs 2 StPO bereits Anklage erheben können und müssen.
Grundsätzlich prüft der Oberste Gerichtshof die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft nicht nur dahin, ob auf Basis der vom Beschwerdegericht angeführten bestimmten Tatsachen der von diesem gezogene Schluss auf ein - hier mit Blick auf die Strafdrohung des § 28 Abs 3 SMG jedenfalls vorliegendes - ausgewogenes Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe vertretbar war, sondern - nach Maßgabe eigener Beweiswürdigung (ohne an die Geltendmachung formeller Begründungsmängel gebunden zu sein) - auch, ob die Gerichte alles ihnen Mögliche zur Abkürzung der Haft unternommen haben (§ 193 Abs 1 StPO). Eine ins Gewicht fallende Säumigkeit in Haftsachen ist demnach auch ohne Verletzung des § 180 Abs 1 zweiter Satz StPO grundrechtswidrig im Sinn einer Verletzung des § 193 Abs 1 StPO (RIS-Justiz RS0120790).
Beurteilungsgegenstand ist dabei aber nicht die Notwendigkeit einer weiteren Voruntersuchung oder die „Anklagereife" des Verfahrens, sondern die Frage, ob das Gericht die Haftsache vorrangig und beschleunigt bearbeitet hat.
Unter diesem Blickwinkel vernachlässigt die Beschwerde aber, dass in dem gegen mehrere Beschuldigte geführten Verfahren mit Auslandsbezug in dem von der Beschwerde angesprochenen Zeitraum einereits noch weitere Strafanzeigen zu bearbeiten waren und sind (ON 71, 87, 90, ON 107 [Vollanzeige betreffend Abderahim Z*****, eingelangt am 25. September 2007]), andererseits vom Untersuchungsrichter Zeugenvernehmungen (ON 84, 85) und eine die neuen Verfahresergebnisse betreffende Beschuldigtenvernehmung (S 505a ff/I) durchgeführt wurden, eine italienische Strafregisterauskunft eingeholt (ON 72) sowie der Abschluss der Erhebungen durch die Sicherheitsbehörden regelmäßig betrieben wurde (ON 80, S 3sss). Berücksichtigt man weiters die Notwendigkeit der Auswertung der gerichtlich angeordneten Rufdatenrückerfassung und der Zuordnung der beim Beschuldigten sichergestellten Gegenstände kann von einer Säumigkeit des Gerichtes nicht gesprochen werden.
Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.