JudikaturOGH

1Ob193/07z – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Oktober 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** *****bank reg.Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Peter Posch, Dr. Ingrid Posch und Dr. Arnold Mayrhofer, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei Ulli H*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Dr. Siegfried Sieghartsleitner und Dr. Michael Pichlmair, Rechtsanwälte in Wels, wegen EUR 98.615,66 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 8. August 2007, GZ 4 R 139/07z-15, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels vom 1. Juni 2007, GZ 2 Cg 240/06f-11, als verspätet zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Das klageabweisende Urteil des Erstgerichts wurde den Rechtsvertretern der Klägerin am 5. 6. 2007 zugestellt. Die Berufungsfrist lief daher am 3. 7. 2007 ab. Die von der Klägerin erhobene Berufung langte (laut Eingangsstampiglie) am 5. 7. 2007 beim Erstgericht ein. Die Kanzleimitarbeiterin des Erstgerichts setzte neben der Eingangsstampiglie den Vermerk „PA 4. 7.". Der Erstrichter verfügte (laut handschriftlicher Datierung) am 4. 7. 2007 die Zustellung der Berufung an die Beklagte und legte den Akt nach Einlangen der Berufungsbeantwortung dem Berufungsgericht vor. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin zurück, da diese, weil am 4. 7. 2007 zur Post gegeben, um einen Tag verspätet sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Klägerin erhobene Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig und auch berechtigt.

Die Rekurswerberin machte geltend, die Berufung sei richtigerweise am 3. 7. 2007, also innerhalb offener Berufungsfrist zur Post gegeben worden, wie durch den beigelegten Aufgabeschein belegt werde. Die Kanzleimitarbeiterin des Erstgerichts bestätigte in einer undatierten Stellungnahme (ON 17), es sei durchaus denkbar, dass es sich bei ihrem handschriftlichen Vermerk „PA 4. 7." um einen Schreibfehler handle. Üblicherweise überprüfe sie die Rechtzeitigkeit des Einlangens eines Rechtsmittels. Für den Fall der Verspätung belasse sie das Kuvert im Akt und notiere auf der Berufung für den Richter den Vermerk „verspätet". Da dies hier unterblieben sei, vermute sie, dass es sich beim genannten Vermerk um einen Schreibfehler handle. Die Richtigkeit des (erst)gerichtlichen Postaufgabevermerks ist hiemit widerlegt (§ 292 Abs 2 ZPO), sodass davon auszugehen ist, dass die Postaufgabe der Berufung der Klägerin am 3. 7. 2007 erfolgte. Die Berufung ist daher rechtzeitig. Dies führt zur Beseitigung des berufungsgerichtlichen Beschlusses und zum entsprechenden Entscheidungsauftrag.

Der Kostenenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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