JudikaturOGH

14Ns60/07w – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Oktober 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Oktober 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Maschler als Schriftführerin in der Medienrechtssache des Antragstellers Dr. Andreas M***** wegen Zuerkennung eines Entschädigungsbetrages gemäß § 7 MedienG über die Befangenheitsanzeigen der Präsidenten des Oberlandesgerichtes und des Landesgerichtes Linz sowie aller Richterinnen und Richter dieser Gerichtshöfe nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz und alle Richterinnen und Richter dieses Gerichtshofes sowie der Präsident des Landesgerichtes Linz und alle Richterinnen und Richter dieses Gerichtshofes sind in dieser Medienrechtssache als befangen anzusehen.

Sie wird dem Landesgericht für Strafsachen Wien übertragen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

In der bezeichneten Medienrechtssache haben der Präsident des Landesgerichtes Linz und alle Richterinnen und Richter des Landesgerichtes Linz ihre Befangenheit angezeigt, weil der seit 1. Juli 2006 als Leitender Visitator beim Oberlandesgericht Linz tätige Antragsteller beim Landesgericht Linz ab Herbst 2007 für etwa ein halbes Jahr eine Regelrevision durchführen und im Zuge dessen über die Richterinnen und Richter des Landesgerichtes Linz gutachterliche Stellungnahmen abgeben wird, die das berufliche Fortkommen jeweils wesentlich beeinflussen werden. Es bestehe demnach für einen objektiven außenstehenden Betrachter gleichsam ein Kontroll- und Aufsichtsverhältnis des Antragstellers zu den Richterinnen und Richtern des Landesgerichtes Linz.

Der damit gemäß § 74 Abs 2 StPO zur Entscheidung befasste Präsident des Oberlandesgerichtes Linz zeigt nun seinerseits unter Vorlage des Aktes an den Obersten Gerichtshof seine und die Befangenheit sämtlicher Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichtes Linz mit der Begründung an, dass der Antragsteller bis zu seiner Bestellung als Leitender Visitator als Strafrichter des Oberlandesgerichtes Linz tätig war und zu ihm, den Mitgliedern des Strafrechtsgremiums und anderen Richterinnen und Richtern des Oberlandesgerichtes Linz teils freundschaftliche, über bloß formale kollegiale hinausgehende Kontakte unterhalte. Abgesehen von subjektiven Umständen wäre zufolge der Verbundenheit des Antragstellers zum richterlichen Personal für die (beobachtende) Öffentlichkeit und für die Verfahrensbeteiligten eine unbefangene Entscheidung durch Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichtes Linz nicht zu vermitteln; der objektive Anschein der (vollen) Unbefangenheit würde leiden.

Die vorgebrachten Umstände stellen Gründe dar, die iSd § 72 StPO geeignet sind, den Anschein der Befangenheit der Präsidenten und der Richterinnen und Richter der bezeichneten Gerichtshöfe zu erwecken. Somit war die Sache wegen Befangenheit des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz und aller Richterinnen und Richter dieses Gerichtshof und (in einem weiteren Schritt; vgl Lässig, WK-StPO § 74 Rz 3) des Präsidenten des Landesgerichtes Linz sowie aller Richterinnen und Richter dieses Gerichtshofes dem Landesgericht für Strafsachen Wien zu übertragen (§ 74 Abs 3 zweiter Satz StPO).

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