13Os99/07v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl-Heinz W***** und eine Angeklagte wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Karl-Heinz W***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 25. Mai 2007, GZ 12 Hv 71/07y-113, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche der Angeklagten Claudia W***** und ebenfalls unangefochten gebliebene Teilfreisprüche beider Angeklagter enthält, wurde Karl-Heinz W***** mehrerer Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall und Abs 3 erster Fall SMG (I/1) und teils in der Entwicklungsstufe des Versuches (§ 15 StGB) gebliebener Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG (I/2) schuldig erkannt.
Danach haben Karl-Heinz W***** und Claudia W***** „im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) gewerbsmäßig
1.) ein- und ausgeführt, indem sie
a) in der Zeit von etwa Mitte Oktober 2006 bis etwa Mitte November 2006 in zumindest fünf Angriffen insgesamt zumindest etwa 1,3 kg Cannabisharz mit einem Reinheitsgehalt zwischen 8,1 % und 15,8 % mittels Postsendungen von Spanien aus- und nach Österreich einführten,
b) etwa im August 2006 ca 100 g Cannabisharz mit einem Reinheitsgehalt zwischen 8,1 % und 15,8 % mittels Postsendung von Spanien aus- und nach Österreich einführten;
2.) in Verkehr gesetzt und in Verkehr zu setzen versucht, indem sie
a) in der Zeit von etwa Mitte Oktober 2006 bis zum 17. November 2006 in zumindest fünf Angriffen insgesamt zumindest etwa 1,3 kg Cannabisharz mit einem Reinheitsgehalt zwischen etwa 8,1 % und 15,8 % auf dem Postweg an den abgesondert verfolgten Mario E***** zum Zweck des Weiterverkaufs in Österreich von Spanien nach Marchtrenk übersendeten, ‚wobei die Taten in Bezug auf eine Menge von 606,9 g Cannabisharz infolge Sicherstellung durch die Polizei beim Versuch geblieben sind';
b) etwa im August 2006 etwa 100 g Cannabisharz mit einem Reinheitsgehalt zwischen 8,1 % und 15,8 % auf dem Postweg an den abgesondert verfolgten Zsolt L***** von Spanien nach Linz übersendet."
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte Karl-Heinz W***** bekämpft das Urteil mit einer auf Z 5, 5a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Die Mängelrüge wirft den Tatrichtern eine nur offenbar unzureichende Begründung der zum Schuldspruch I/1 getroffenen Feststellungen vor (Z 5 vierter Fall), ohne einen solchen Mangel auch aufzeigen zu können. Das Erstgericht stützte die Konstatierungen insbesondere auf sichergestellte Sendungen an Mario E*****, die von Claudia W***** adressiert worden waren, auf ihre teils geständige Verantwortung, auf Fingerabdrücke des Angeklagten Karl-Heinz W***** auf zwei Verpackungen und auf Aussagen des Zeugen Mario E***** (US 8 ff). Der Beschwerdeführer macht dazu gar keinen Verstoß gegen Gesetze folgerichtigen Denkens oder grundlegende Erfahrungssätze (vgl Ratz, WKStPO § 281 Rz 444) geltend, sondern unternimmt eigene Erwägungen über die Beweiskraft der Aussagen des genannten Zeugen. Damit wird ein Begründungsmangel nicht dargelegt.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken, indem sie unter Außerachtlassung aller anderen Verfahrensergebnisse auf die mangelnde Zuordenbarkeit von in der Klebeschicht der Verpackung zweier Suchtgiftpakete gesicherten Fingerabdruckspuren zu den beiden Angeklagten und zum Zeugen Mario E***** hinweist.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) behauptet das Vorliegen eines „Strafaufhebungsgrundes bzw Verfolgungshindernisses", weil die in dem der Auslieferung des Angeklagten von Spanien nach Österreich zu Grunde gelegenen Europäischen Haftbefehl enthaltenen Angaben zu den inkriminierten Suchtgiftmengen derart undeutlich gefasst seien, dass den spanischen Behörden irreführend und unrichtigerweise eine tatverfangene Suchtgiftmenge von rund 4 kg Cannabisharz vermittelt worden sei, nicht aber die der Anklage zu Grunde gelegte Menge von (nur) rund 1,4 kg dieses Suchtgiftes. Da „nach der spanischen Rechtspraxis geringe Cannabisharzmengen" keine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlungen darstellten, fehle es an der für die Ausstellung des Europäischen Haftbefehls nach § 4 Abs 1 EU-JZG erforderlichen Voraussetzung der beiderseitigen Strafbarkeit, so dass die Auslieferung nicht zulässig gewesen sei.
Warum aber die (angebliche) Auslieferung wegen einer Suchtgiftmenge, welche diejenige des Schuldspruchs überstiegen habe, ein Verfolgungshindernis darstellen soll, bleibt vollends unklar, zumal der Beschwerdeführer gar nicht bestreitet, dass - jedenfalls auch - wegen des den Schuldspruch zugrunde liegenden Suchtgifts ausgeliefert wurde (§ 31 Abs 1 EU-JZG). Im Übrigen ist dem Europäischen Haftbefehl vom 6. Dezember 2006 (ON 5) und der darauf bezogenen Auslieferungsbewilligung des Nationalen Gerichtes Spaniens vom 16. Februar 2007 (ON 49) die Annahme einer überhöhten Suchtgiftmenge keineswegs zu entnehmen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die implizierte Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Karl-Heinz W***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.