JudikaturOGH

8ObA83/06y – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Univ. Prof. DI Hans Lechner und Eva-Maria Florianschütz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Maria Z*****, vertreten durch Dr. Anton Kuber, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei A*****, vertreten durch Klein Wuntschek Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung (Streitwert EUR 21.800,--), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 1. August 2006, GZ 7 Ra 24/06p-25, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Nach der seit 1999 maßgeblichen Konzernstruktur wurde der Redaktionsbereich einer Zeitungsgesellschaft hingegen der Anzeigenverkauf-, Marketing-, Verwaltungs- sowie Backofficebereich auf die seit 1995 bereits bestehende, später umgewandelte und nunmehr beklagte Anzeigen und Marketinggesellschaft übertragen. Sie wird organisatorisch getrennt von der Zeitungsgesellschaft geführt. Neben dem bereits seit 1997 angemeldeten Gewerbe der „Werbeagentur" wurde im Jahr 2002 auch das Gewerbe des Betriebes eines „Call-Centers" angemeldet. Die Beklagte hat nicht nur die Aufgabe sämtliche Telefonagenten für alle Konzernunternehmen und die Verbesserung der Kundenkommunikation und des Kundenservices durchzuführen, sondern auch das Anzeigengeschäft für nicht konzernangehörige Fremdunternehmer. In der dafür 2000 gegründeten Abteilung Service-Center kam es auch zu einem stetigen Anwachsen der für Fremdunternehmen ausgeführten Geschäfte. Diesem Bereich des Service-Centers ist auch die Anzeigenbuchhaltung, in der die Klägerin tätig ist, zugeordnet. Die Abteilung Service-Center ist räumlich und organisatorisch von anderen Abteilungen getrennt. Neben dieser Abteilung hat die Beklagte als räumlich personell und organisatorisch getrennte andere Abteilungen noch jene des Marketings und des Anzeigenverkaufs. Sie verfügt seit 1. 1. 2002 insgesamt über die Gewerbeberechtigungen „Werbeagentur" (ab 1997), Handelsgewerbe (ab 1999) sowie Call-Center (ab 1. 1. 2002). Sie gehört in der Wirtschaftskammer damit der „Fachgruppe Werbung und Marketing", der „Sparte Handel, Direktvertrieb" und der „allgemeinen Fachgruppe des Gewerbes" an.

Die Abteilung Service-Center erbringt im Wesentlichen Dienstleistungen im Bereich der Telefon- und Kundenkommunikation, insbesondere für die Zeitungsgesellschaft, betreut aber auch die „Telefonhotlines" für andere Konzernunternehmen sowie Leistungen für andere Institutionen etwa die Koordination von Seminarangeboten, Ticketverkauf und Reisebuchungen. Die Anzeigenbuchhaltung ist dabei Teil des Anzeigenservices, wobei der Anzeigenvertrieb teilweise in der Abteilung Service-Center (telefonisch), teilweise aber auch im Bereich Anzeigenverkauf (Außendienst) erfolgt. Die Anzeigenbuchhaltung (insgesamt 5 Mitarbeiter) besorgt die Rechnungslegung für den gesamten Anzeigenverkauf sowie für andere Dienstleistungen, die die Beklagte für Dritte erbringt. Der Klägerin kommt konkret im Wesentlichen die Aufgabe der Fakturierungen im Zusammenhang mit Anzeigenverträgen und der Abrechnung von Jahresverträgen zu. Auch hat sie Kundenkontakt bei der Bearbeitung von Anfragen und Beschwerden und wurde für die richtige Erfassung von Anzeigenaufträgen eingeschult. Seit 1. 1. 2002 wird auf ihr Dienstverhältnis von der Beklagten der Kollektivvertrag für Angestellten des Gewerbes angewendet.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass auf ihr Dienstverhältnis der Kollektivvertrag für kaufmännische Angestellte bei Tageszeitungen in der jeweiligen Fassung anzuwenden ist. Sie stützt dies darauf, dass vor der Auslagerung dieser Kollektivvertrag Anwendung gefunden habe. Auf Werbeagenturen finde kein Kollektivvertrag Anwendung. Daher sei der frühere Kollektivvertrag nach § 8 Z 2 ArbVG weiter anzuwenden sei. Jedenfalls sei der Bereich Werbeagentur, für den kein Kollektivvertrag vorliege, überwiegend. Eine organisatorische Trennung existiere nicht. Es liege ein Mischbetrieb vor. Die Beklagte wendete vor allem ein, dass in Abstimmung mit dem Betriebsrat für alle Arbeitnehmer des Service-Centers nunmehr der Kollektivvertrag für Angestellte des Gewerbes angewendet werde. Die Vorinstanzen haben übereinstimmend das Feststellungsbegehren der Klägerin abgewiesen. Sie sind davon ausgegangen, dass die Beklagte weder Mitglied des dem Kollektivvertrags der kaufmännischen Angestellten bei Tageszeitungen abschließenden Verbandes österreichischer Zeitungen sei noch § 8 Z 2 ArbVG über die weitere Anwendung eines früheren Kollektivvertrages bei Betriebsübergängen mangels Geltung eines neuen Kollektivvertrages zum Tragen komme. Sei doch die Beklagte als Inhaberin von drei Gewerbeberechtigungen auch Mitglied der Fachgruppe allgemeines Gewerbe sowie der Sparte Handel und Direktvertrieb sodass sowohl der Kollektivvertrag für Angestellte des Gewerbes als auch der Kollektivvertrag der Handelsangestellten Österreichs zur Anwendung komme. Der fachlich und organisatorisch abgegrenzte Bereich des Service-Centers, für den die in den Bereich des allgemeinen Gewerbes fallende Gewerbeberechtigung der Call-Center zur Anwendung komme, stehe einer weiteren Anwendung des alten Kollektivvertrages nach § 8 Z 2 ArbVG entgegen.

Rechtliche Beurteilung

In der außerordentlichen Revision stellt die Klägerin im Wesentlichen nur in Frage, dass entsprechend § 9 Abs 2 ArbVG auf die Abteilung Service-Center der Kollektivvertrag für das allgemeine Gewerbe zur Anwendung gelange und releviert, dass die Vorinstanzen unbeachtet gelassen hätten, dass neben der organisatorischen Trennung auch die fachliche Abgrenzung von Bedeutung sei (vgl im übrigen nunmehr zum „Mischbetrieb" OGH 9 ObA 139/05i). Dieses Vorbringen weicht von der tatsächlichen Begründung der Vorinstanzen ab, die auch auf die fachliche Abgrenzung Bedacht genommen haben. Dass in dem Bestehen einer eigenen Gewerbeberechtigung ein Indiz für diese fachliche Abgrenzung gesehen wurde, entspricht der Vorjudikatur (vgl etwa OGH 9 ObA 235/98v = DRdA 1999/41 [zust Weiß]) und der Lehre (vgl dazu Weiß in der Entscheidungsbesprechung aaO mwN; Reissner im ZellKomm § 9 ArbVG Rz 8; referierend Runggaldier in Tomandl [Hrsg] ArbVG Komm § 9 Rz 5). Ein konkretes Vorbringen dazu, warum in fachlicher Hinsicht eine solche Selbständigkeit nicht zu bejahen wäre (vgl dazu allgemein Strasser in ArbVG Komm §§ 9, 10 Rz 10 grundsätzlich auch Runggaldier aaO Rz 6) hat die Klägerin in erster Instanz nicht erstattet. Die konkreten Ausführungen der Klägerin in der außerordentlichen Revision zeigen daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Rückverweise