15Os47/07m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Mai 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Egger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerlinde G***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 22. Dezember 2006, GZ 35 Hv 225/06k-13, sowie über deren Beschwerde gegen den zugleich gefassten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO (§ 498 Abs 3 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Unterstellung der zu I. genannten Tat auch unter § 131 StGB und demzufolge im Strafausspruch (samt dem zugleich verkündeten Widerrufsbeschluss) aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen. Mit ihrer Berufung und ihrer Beschwerde wird die Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerlinde G***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall und 15 StGB schuldig erkannt. Danach hat sie fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Nachgenannten weggenommen bzw wegzunehmen versucht, und zwar
I. am 28. Juli 2006 in S***** Gewahrsamsträgern der Firma E***** GmbH Fleischwaren im Wert von ca 118 Euro weggenommen, wobei sie bei Betretung auf frischer Tat Gewalt gegen eine Person anwendete, indem sie gegen Rainer H***** mit ihrem PKW mit Vollgas losfuhr, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten;
II. am 17. November 2006 in W***** Gewahrsamsträgern der B***** AG Badezimmerzubehör im Wert von 268 Euro wegzunehmen versucht.
Rechtliche Beurteilung
Mit der auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft die Angeklagte nur den Schuldspruch
I..
Die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) zeigt im Ergebnis zutreffend auf, dass die Feststellungen des Erstgerichts den Schuldspruch in Bezug auf die Qualifikationsnorm des § 131 erster Fall StGB nicht zu tragen vermögen, ist doch den Entscheidungsgründen die für die vorgenommene Subsumtion erforderliche, auf Erhalt der weggenommenen Sache gerichtete Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) nicht zu entnehmen. Der in US 3 konstatierte „Vorsatz" (§ 5 Abs 1 StGB) allein genügt dafür nicht.
Der aufgezeigte Mangel zwingt - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zur Aufhebung des Urteils bereits bei nichtöffentlicher Beratung und Zurückverweisung an das Erstgericht.
Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht nicht nur die gebotenen Feststellungen zur Klärung der in Rede stehenden Frage der Willensausrichtung, sondern auch klare und begründete Konstatierungen zur eingesetzten Gewalt (oder qualifizierten Drohung) zu treffen haben. Im vorliegenden Urteil wird nämlich als Tathandlung im Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO ein „Losfahren mit Vollgas" auf Rainer H***** angeführt (US 1), in den Entscheidungsgründen hingegen ein „abruptes Rückwärtsfahren", bei dem Rainer H***** sich am Wagen festhielt und „vor" der noch offenen Fahrertür mitgeschleift wurde, konstatiert (US 3 unten, 6 oben), wobei beweiswürdigend jedoch ausgeführt wird, es erscheine zufolge der Sachwegnahme „verständlich", dass die Angeklagte der Aufforderung des Kaufhausdetektivs beim Pkw, nämlich mit ihm mitzukommen, „keine Folge leistete, sondern ihn wegdrängte und schnell wegfuhr" (US 5 unten). Mit ihrer Berufung und der implizierten Beschwerde wird die Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.