3Ob76/07a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei F*****-GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerwin Brandauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die verpflichtete Partei S*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger, Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung (§ 355 EO), infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 25. Jänner 2007, GZ 53 R 473/06z-23, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 22. September 2006, GZ 9 E 1099/06m-13, abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seinen Bewertungsausspruch derart zu modifizieren, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands über jeden der verpflichteten Partei angelasteten Titelverstoß gesondert angegeben wird.
Text
Begründung:
Mit einstweiliger Verfügung des Landesgerichts Salzburg wurde der verpflichteten Partei geboten, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, irreführende Deklarationen über von ihr vertriebene Produkte zu machen.
Auf Grund dieser einstweiligen Verfügung beantragte die betreibende Partei am 25. Mai 2005 gegen die verpflichtete Partei die Exekution gemäß § 355 EO wegen behaupteter Verstöße am 22. und 28. April 2005 (Verfahren 9 E 2350/05f des BG Salzburg). Am 15. Juni 2005 stellte sie einen Antrag auf neuerlichen Vollzug wegen eines behaupteten Verstoßes am 2. Juni 2005. In Befolgung eines vom Erstgericht erteilten Verbesserungsauftrags verbesserte die betreibende Partei mit Schriftsatz vom 18. September 2006 den Exekutionsantrag sowie den Strafvollzugsantrag und hielt diese Anträge im Übrigen „voll aufrecht". Auf Grund der beiden (verbesserten) Anträge verhängte das Erstgericht in Vollziehung der mit Beschluss vom 9. März 2006 zu GZ 9 E 1099/06m-2 bereits bewilligten Exekution daraufhin (gesonderte) Geldstrafen von jeweils 6.000 EUR.
Mit dem angefochtenen Beschluss änderte das Gericht zweiter Instanz diesen Beschluss dahin ab, dass es den Exekutionsantrag sowie den Strafvollzugsantrag aus näher genannten Erwägungen zurückwies. Der (gemeinsame) Bewertungsausspruch lautet dahin, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige. Weiters sprach das Rekursgericht aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Eine Entscheidung über den von der betreibenden Partei erhobenen Revisionsrekurs kann derzeit noch nicht ergehen, weil noch nicht feststeht, ob der Oberste Gerichtshof funktionell zur Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels nach § 78 EO iVm § 528 ZPO zuständig ist (3 Ob 132/05s).
Bei Rechtsmitteln gegen die Verhängung einer Geldstrafe (nicht nur dem Ausmaß nach), ist nicht die deren Höhe entsprechende Geldsumme Beschwerdegegenstand, sondern die Bestrafung an sich (stRsp, zuletzt 3 Ob 192/06s), weshalb der Entscheidungsgegenstand nicht iSd § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 1 ZPO ausschließlich in Geld besteht. Zudem hat das Rekursgericht im Fall der gemeinsamen Entscheidung über mehrere Strafanträge nach § 355 EO den Entscheidungsgegenstand für jeden einzelnen Strafantrag gesondert zu bewerten (stRsp, zuletzt 3 Ob 192/06s; RIS-Justiz RS0120039), kann doch das Ergebnis für jede gesonderte Tathandlung unterschiedlich ausfallen. Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht nur einen pauschalen Bewertungsausspruch vorgenommen, dem nicht entnommen werden kann, dass für die einzelnen der verpflichteten Partei vorgeworfenen Verstöße jeweils ein über 4.000 EUR übersteigender Entscheidungsgegenstand vorläge, im Fall des Übersteigens von 4.000 EUR auch, ob der Entscheidungsgegenstand 20.000 EUR übersteigt oder nicht.
Die Bewertung wird auch nicht dadurch überflüssig, dass das Rekursgericht den Revisionsrekurs für zulässig erklärt hat. Nach der überwiegenden Rsp ersetzt der Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses den erforderlichen - hier gesonderten - Bewertungsausspruch nicht (RIS-Justiz RS0042296, RS0042544 und RS0042429). Ebensowenig macht der Umstand, dass die betreibende Partei in ihren Anträgen jeweils einen (hohen) Wert des Streitgegenstands angab, einen gesonderten Bewertungsausspruch entbehrlich (RIS-Justiz RS0042296).
Das Gericht zweiter Instanz wird demnach eine gesonderte Bewertung seines Entscheidungsgegenstands für jeden einzelnen Verstoß in sinngemäßer Anwendung des § 423 ZPO nachzutragen haben (stRsp, zuletzt 3 Ob 192/06s; RIS-Justiz RS0041371). Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass im ursprünglichen Exekutionsantrag vom 25. Mai 2005 vier Verstöße an zwei Tagen und im Strafvollzugsantrag drei Verstöße an einem Tag behauptet wurden und alle diese Verstöße Gegenstand der nun bekämpften Rekursentscheidung waren. Im Hinblick darauf, dass das Rekursgericht jedoch den Revisionsrekurs für zulässig erklärte, weshalb ein Antrag auf Abänderung des Ausspruchs verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO nicht in Betracht kommt, reicht es im vorliegenden Fall aus, wenn das Rekursgericht ausspricht, ob der Entscheidungsgegenstand in den fraglichen Punkten jeweils 4.000 EUR übersteigt oder nicht (3 Ob 86/01w). Ohne diese Bewertung ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, die Zulässigkeit des Rechtsmittels der betreibenden Partei, aber auch seine Zuständigkeit zur Entscheidung darüber zu beurteilen.