9Ob129/06w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Jonathan W*****, geboren am 29. Mai 1998, wohnhaft bei der Mutter Ursula W*****, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge, Bezirke 17, 18, 19, Gatterburggasse 14, 1190 Wien, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 1. August 2006, GZ 44 R 403/06z-U14, womit infolge Rekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 6. April 2006, GZ 2 P 233/01y-U6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, jeweils eine Gleichschrift des Revisionsrekurses des Minderjährigen der Mutter Ursula W*****, dem Vater Adam C***** und dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien zur allfälligen Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zuzustellen sowie die Akten nach Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung bzw fruchtlosem Verstreichen der Frist erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Dabei wird auch der Nachweis über die Zustellung der Rekursentscheidung (U14) an den Vater des Minderjährigen anzuschließen sein.
Text
Begründung:
Das Erstgericht bewilligte dem Minderjährigen Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG in der Höhe von monatlich EUR 124 für die Zeit vom 1. 12. 2005 bis 30. 11. 2008. Das Rekursgericht änderte über Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien den erstgerichtlichen Beschluss im Sinne der Abweisung des Antrags des Minderjährigen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen ab und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Minderjährigen wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss wiederherzustellen. Das Erstgericht legte diesen Revisionsrekurs im Wege des Rekursgerichts dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor. Eine Zustellung des Revisionsrekurses an die anderen Parteien erfolgte nicht.
Rechtliche Beurteilung
Über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen hat das Pflegschaftsgericht im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden (§ 10 UVG). Wird ein Revisionsrekurs gegen einen Beschluss erhoben, mit dem über die Sache entschieden worden ist, und findet das Gericht erster Instanz keinen Grund zur Zurückweisung, so ist jeder anderen aktenkundigen Partei eine Gleichschrift zuzustellen (§ 68 Abs 1 AußStrG). Unter einem Beschluss „über die Sache" wird jede Entscheidung über den Verfahrensgegenstand verstanden (RIS-Justiz RS0120860 ua). Die anderen Parteien können binnen 14 Tagen eine Beantwortung des Revisionsrekurses mittels Schriftsatzes überreichen; § 65 Abs 1 zweiter Satz, Abs 2 zweiter Halbsatz, Abs 3 Z 3 bis 6 und § 66 Abs 2 AußStrG sind sinngemäß anzuwenden (§ 68 Abs 1 AußStrG). Auch die Mutter des Minderjährigen als Zahlungsempfängerin, der Vater als Unterhaltsschuldner und der Bund, vertreten durch den örtlich zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichts, sind Parteien im Sinne des § 2 Abs 1 AußStrG (vgl §§ 14, 15 UVG). Ihnen ist daher jeweils eine Gleichschrift des Revisionsrekurses des Minderjährigen zuzustellen. Gemäß § 68 Abs 1 AußStrG steht es ihnen frei, eine Revisionsrekursbeantwortung einzubringen. Es ist daher die aus dem Spruch ersichtliche Rückleitungsanordnung an das Erstgericht zu treffen (vgl 7 Ob 26/06h ua). Bei der Wiedervorlage der Akten wird auch zu beachten sein, dass vom Erstgericht zwar die Zustellung der Rekursentscheidung (U14) an den Vater des Minderjährigen verfügt wurde (U15), ein Zustellnachweis bisher jedoch nicht vorgelegt wurde.