JudikaturOGH

3Nc11/07h – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Mai 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt GmbH in Wien, wider die beklagte Partei K*****-GmbH, ***** vertreten durch CMS Reich-Rohrwig-Hainz, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 24.462,27 sA, infolge Antrags der beklagten Partei auf Delegation der Rechtssache AZ 6 C 648/06d des Bezirksgerichts Graz-Ost an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Delegationsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei macht wider die beklagte Partei Schadenersatzansprüche auf Grund der Verletzung der die beklagte Partei auf Grund des zwischen den Streitteilen bestehenden Bestandvertrags treffenden Duldungspflicht im Rahmen von der klagenden Partei vorzunehmender Erhaltungsarbeiten geltend. Die beklagte Partei bestreitet den Schadenersatzanspruch dem Grund und der Höhe nach und wendet darüber hinaus Gegenforderungen ein, die sie aus von der klagenden Partei zur verantwortenden Benützungsbeeinträchtigungen ableitet.

Die beklagte Partei beantragte unter Hinweis auf mehrere zwischen den Streitteilen wegen angeblicher Mietzinsrückstände auf Grund Wertsicherungsklausel anhängiger und teilweise bereits an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien delegierter Parallelverfahren die Delegierung an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien. Beide Streitteile hätten ebenso wie die Parteienvertreter ihren Sitz in Wien, auch die einzuvernehmenden Zeugen wohnten großteils in Wien (und Umgebung). Die Delegation nach Wien führte zweifelsfrei zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, einer wesentlichen Erleichterung der Amtstätigkeit und einer Verbilligung des Verfahrens.

Die klagende Partei sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus, weil sich die Bestandliegenschaft, auf der allenfalls auch ein Ortsaugenschein durchzuführen sei, in Graz befinde und die zur Ermittlung für den Grund und die Höhe des Klagsanspruchs beantragten Zeugen in Graz wohnhaft seien. Lediglich für die Frage der Gegenforderung seien Wiener Zeugen beantragt worden. Aus verfahrensökonomischen Gründen sei aber zuerst über die Berechtigung der Klageforderung zu entscheiden. Die Delegation sei geeignet, zu einer wesentlichen Prozessverzögerung zu führen.

Das Bezirksgericht Graz-Ost befürwortete die beantragte Delegierung, zumal sowohl die Parteien und deren Vertreter als auch die Mehrheit der Zeugen ihren Sitz oder Wohnort im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien hätten und weitere Verfahren bereits an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien delegiert worden seien.

Die beantragte Delegation ist nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Eine Delegierung nach § 31 JN kommt nur in Betracht, wenn klare und überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen (Ballon in Fasching/Konecny2 § 31 JN Rz 6 mwN zur Rsp). Kann die Zweckmäßigkeitsfrage nicht eindeutig zugunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so ist der widersprechenden Partei in der Regel der Vorzug zu geben. Eine Delegierung an ein anderes Gericht soll nämlich grundsätzlich die Ausnahme bilden. Eine großzügige Anwendung der Delgierungsbestimmungen würde sonst im Ergebnis zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (stRsp RIS-Justiz RS0046324, RS0046441, RS0046589; Mayr in Rechberger3 § 31 JN Rz 4 mwN). Die Zweckmäßigkeit ist nach den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu beurteilen (RIS-Justiz RS0046333). Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, einer Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit und einer wesentlichen Verbilligung der Rechtssache beitragen kann (RIS-Justiz RS0053169).

Im vorliegenden Fall kann die Zweckmäßigkeitsfrage nicht eindeutig zugunsten der die Delegierung beantragenden beklagten Partei entschieden werden. Zwar haben die Streitteile und deren Vertreter ihren Sitz in Wien, wo auch mehrere Zeugen wohnen. Das Bestandobjekt, dessen Renovierung und deren Auswirkungen hier aber den Verfahrensgegenstand bilden, befindet sich ebenso wie der Wohnsitz anderer Zeugen in Graz. Zu Recht verweist die klagenden Partei auch darauf, dass ein zur Beurteilung der Klageforderung allenfalls beizuziehender Sachverständiger zweckmäßigerweise auch aus dem Grazer Bereich zu bestellen wäre. Zwar wurden bereits mehrere zwischen den Streitteilen das auch hier gegenständliche Bestandobjekt betreffende Streitigkeiten nach Wien (Bezirksgericht Wien Innere Stadt) delegiert, diesen Verfahren liegt aber nach übereinstimmendem Parteienvorbringen ein ganz anderer Streit (Berechtigung von Mietzinserhöhungen auf Grund Wertsicherungsvereinbarung) zugrunde. Demnach sprechen keineswegs überwiegende Gründe für eine Veränderung der vom Gesetz für die vorliegend zu beurteilende Bestandstreitigkeit angeordneten Zuständigkeit des Bezirksgerichts Graz-Ost.

Rückverweise