JudikaturOGH

11Os30/07g – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. April 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. April 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Frizberg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Biesana K***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Biesana K*****, Dared K***** und Ivan M***** sowie die Berufung des Angeklagten Peter R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. Dezember 2006, GZ 033 Hv 96/06m-98, sowie die Beschwerden der Angeklagten Biesana K***** und Peter R***** gegen die Beschlüsse gemäß § 494a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten Biesana K*****, Dared K***** und Ivan M***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Biesana K*****, Dared K*****, Ivan M***** und Peter R***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter Satz StGB, R***** als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach haben in Leopoldsdorf

A./ Biesana K*****, Dared K*****, Ivan M***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit weiteren unbekannten Mittätern (§ 12 erster Fall StGB) fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro übersteigendem Wert Verfügungsberechtigten der Spedition G***** durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie über den Zaun des Unternehmensgeländes [eines Lagerplatzes - US 9] stiegen, die Plomben von LKW-Wechselaufbauten entfernten und die darauf befindlichen Waren abtransportierten, wobei sie die schweren Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begingen, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1.) nachts zum 18. September 2005 Elektronikartikel im Wert von insgesamt 115.534,59 Euro;

2.) nachts zum 13. November 2005 Elektronikartikel im Wert von insgesamt 230.000 Euro;

B./ Peter R***** dadurch, dass er die Wechselaufbauten vorschriftswidrig mit der Öffnung zum Zaun platzierte, deren Inhalt und genauen Standort den unmittelbaren Tätern nannte, Mobiltelefone für eine mögliche Konferenzschaltung während der Tat besorgte und Aufpasserdienste leistete, zur Ausführung der zu Punkt A./1.) und 2.) beschriebenen Handlungen beigetragen.

Die Angeklagten Biesana K*****, Dared K***** und Ivan M***** bekämpfen dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerden aus § 281 Abs 1 Z 5 und Z 10 StPO, Dared K***** zudem aus Z 3, Ivan M***** überdies aus Z 9 lit a, während R***** seinen Schuldspruch unbekämpft ließ.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Biesana K*****:

Mit der Behauptung einer Undeutlichkeit der Feststellung zur Planung der Einbruchsdiebstähle (US 9 oben) sowie deren (zumindest) unzureichende Begründung spricht die Mängelrüge (Z 5) keine entscheidenden Tatsachen an, zumal die Konstatierungen zu den Tathandlungen (auch) dieses Beschwerdeführers (US 9 f) mängelfrei erfolgten und begründet wurden (US 11 ff). Dabei berücksichtigten die Tatrichter - dem Vorwurf der Unvollständigkeit entgegen - auch das Auffinden gestohlener Gegenstände bei Biesana K***** (US 14) sowie dessen geständige Einlassung hinsichtlich einer Hehlerei (US 11). Die Subsumtionsrüge (Z 10) begehrt einen Schuldspruch wegen Hehlerei, ignoriert dabei allerdings - der Strafprozessordnung zuwider - die dem entgegenstehenden erstgerichtlichen Feststellungen US 9 f.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Dared K*****:

Der Erledigung der Verfahrensrüge (Z 3) ist voranzustellen, dass das Verfahren gegen den Rechtsmittelwerber erst am 17. Oktober 2006 aus einem anderen Verfahren ausgeschieden (vgl ON 1 in ON 84) und am 31. Oktober 2006 in dieses bereits im Stadium der Hauptverhandlung befindliche einbezogen wurde (vgl S 1s verso). Der Angeklagte Dared K***** und sein Verteidiger waren demzufolge bei der fortgesetzten Hauptverhandlung (§ 276a StPO) am 5. und 12. Dezember 2006, nicht aber bereits am 31. August und 17. Oktober 2006 anwesend (ON 74, 82, 97).

Die Verfahrensrüge aus Z 3 kann sich nur auf Vorgänge in der den Beschwerdeführer betreffenden Hauptverhandlung beziehen, hier also auf die am 5. und 12. Dezember 2006 stattgefundene. Die im Gegenstand geltend gemachten angeblichen Verfahrensfehler - mangelnde Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers (diesbezüglich inhaltlich Z 1a) und somit fehlende Mitwirkungsmöglichkeit (vor allem zur Fragestellung), Unterlassung der Mitteilung nach § 250 Abs 1 zweiter Satz StPO - berühren diese Hauptverhandlung nicht. Soweit das Vorbringen als Mängelrüge nach Z 5 vierter Fall zu verstehen ist, entbehrt es im Hinblick auf den Vortrag des Vorsitzenden gemäß § 252 Abs 2a StPO am 5. Dezember 2006 (S 413/V) der Grundlage.

Überdies betraf die tatrichterliche Verwertung der Aussagen der Zeugen Heinz-Peter P***** (US 11) und Mariana M***** (US 12 f) - die in Abwesenheit des Dared K***** vernommen von diesem nicht befragt werden konnten - diesen Angeklagten in keiner Weise; die für Dared K***** bedeutsamen Teile seiner Verantwortung im Rahmen der Hauptverhandlung am 31. August 2006 (S 195 ff/V) wiederholte der Angeklagte R***** in Gegenwart des Erstgenannten (vgl etwa S 381/V), dem überdies entsprechende Vorhalte aus jenen Aussagen gemacht wurden (S 377 ff/V), und der schließlich - seinem Beschwerdestandpunkt entgegen - das uneingeschränkte Fragerecht hinsichtlich des R***** hatte und auch ausnützte (vgl S 393, 399/V).

Die zur Begründung der Feststellung der gewerbsmäßigen Absicht unter anderem herangezogenen (US 15) Vorverurteilungen fanden durch den Vortrag des Vorsitzenden gemäß § 252 Abs 2a StPO (S 413/V) Eingang in die Hauptverhandlung, womit der Vorwurf unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) ins Leere geht.

Den Rechtsmittelausführungen zuwider hat sich das Erstgericht auch mit den Angaben des Nichtigkeitswerbers selbst und des Mitangeklagten R***** in einer § 270 Abs 2 Z 5 StPO genügenden Weise - somit formell unbedenklich - auseinandergesetzt (US 13 ff) und etwa Widersprüche in den Angaben des Zweitgenannten sowie die unbekannt gebliebenen Mittäter ausdrücklich erörtert (US 13, 15).

Die einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Richtung der Qualifikation nach § 128 Abs 2 StGB geltend machende Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht die tatrichterlichen Feststellungen (US 10), wonach sich die Angeklagten „dadurch" (nämlich den Diebstahl der wertmäßig bezifferten elektronischen Waren) unrechtmäßig bereichern wollten, und verlässt mit dem Hinweis auf die Wertvorstellungen eines anderen Angeklagten den gesetzlichen Rahmen der Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Ivan M*****:

Die Mängelrüge (Z 5) spricht mit dem Vorbringen zu einer bereits abgelaufenen Probezeit, zur Planung der Einbruchsdiebstähle, zum Ausfolgen eines Mobiltelefones an M***** und zum Verbleib der Diebesbeute keine entscheidenden Tatsachen an.

Dem Rechtsmittelstandpunkt entgegen waren die Erstrichter nicht verhalten, sämtliche Details der auch den Beschwerdeführer belastenden Verantwortung des Angeklagten R***** zu erörtern, um das Gebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO zu erfüllen. Mit den Widersprüchen in dessen Angaben und der Tatsache, dass er die Tat zunächst geleugnet, sie später aber zugestanden hat, haben sie sich ohnedies auseinandergesetzt (US 11, 13, 15).

Die Ausführungen zum vom Schöffengericht verworfenen Alibi dieses Nichtigkeitswerbers (US 12 f) sind eigenständig beweiswürdigende Überlegungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld (wie etwa die Formulierung „ist durchaus glaubhaft" zeigt) und verkennen das Wesen der (behaupteten) Aktenwidrigkeit, die im unrichtigen oder unvollständigen Referat des Inhaltes einer Aussage oder Urkunde besteht; einem Beschwerdeführer nicht genehme Feststellungen können damit nicht bekämpft werden. Auch mit Überlegungen zur Anwesenheit des Angeklagten R***** im Bereich des Tatortes außerhalb der angenommenen Tatzeiten und dem letztlich abgelegten Geständnis des M***** in Richtung Hehlerei wird kein Formalmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes zur prozessordnungsgemäßen Darstellung gebracht. Dies muss ebenso der Rechts- und Subsumtionsrüge (Z 9 lit a, Z 10) entgegengehalten werden: Der Rechtsmittelwerber unterlässt nämlich darzulegen, welche ergänzenden Konstatierungen hier zur subjektiven Tatseite über die verba legalia hinaus erforderlich gewesen wären, um ausreichenden Tatsachenbezug herzustellen (vgl RIS-Justiz RS0119090), und aus welchem Gesetz er die Notwendigkeit der vermissten Feststellung ableitet, er sei mit einem ausreichenden Einkommen berufstätig gewesen. Die teilweise beweiswürdigenden Überlegungen in Richtung der angestrebten Verurteilung wegen Hehlerei übergehen die Feststellungen zur Begehung von Einbruchsdiebstählen (US 9, 10). Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 Satz 4 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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