JudikaturOGH

10Ob31/07t – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. April 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf E*****, vertreten durch Dr. Michael Augustin und andere Rechtsanwälte in Leoben, gegen die beklagte Partei Michael Anton E*****, vertreten durch Dr. Karl Maier Rechtsanwalts GmbH in Knittelfeld, wegen Duldung einer Servitut, Feststellung, Herstellung des vorherigen Zustandes und Unterlassung (Gesamtstreitwert EUR 7.200), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 22. November 2006, GZ 1 R 240/06w-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 13. April 2006, GZ 2 C 1025/04x-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen des Beklagtenvertreters die mit EUR 499,39 (darin EUR 83,23 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Wie schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, müssen Grunddienstbarkeiten unter möglichster Schonung des dienenden Grundstückes so ausgeübt werden, dass der Eigentümer des herrschenden Grundstückes berechtigte Maßnahmen des verpflichteten Eigentümers dulden muss, die die Ausübung der Dienstbarkeit nicht ernstlich erschweren oder gefährden. Eigenmächtige Maßnahmen, die die Ausübung der Dienstbarkeit ernstlich erschweren, muss daher der Berechtigte nicht auf sich nehmen (RIS-Justiz RS0011740 mwN uva). Der Widerstreit zwischen den Interessen des Berechtigten und jenen des Belasteten einer Dienstbarkeit ist in ein billiges Verhältnis zu setzen (Kiendl-Wendner in Schwimann, ABGB³ § 484 Rz 3 mwN; RIS-Justiz RS0011733). Bei der Beurteilung, ob dem Dienstbarkeitsberechtigten Erschwernisse zumutbar sind, ist auf die Natur und den Zweck der Dienstbarkeit abzustellen. Die nach diesen Grundsätzen vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem Belasteten und dem Berechtigten einer Dienstbarkeit hängt stets von den Umständen des Einzelfalles ab und ist deshalb - von krasser Fehlbeurteilung abgesehen - nicht revisibel (2 Ob 88/06i; 8 Ob 60/04p; 7 Ob 224/04y jeweils mwN uva). Das Berufungsgericht hat hier im Einklang mit den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung zu dem im § 484 ABGB vorgezeichneten Interessenausgleich zwischen dem servitutsberechtigten Kläger und dem beklagten Eigentümer des dienenden Grundstückes entschieden. Es hat insbesondere auf das im Hinblick auf die zwischen den Nachbarn auch schon in der Vergangenheit geführten Grundstreitigkeiten verständliche Interesse des Beklagten an richtig positionierten Grenzmarkierungen, zu deren Schutz die gegenständlichen Markierungspflöcke eingeschlagen wurden, hingewiesen. Nach den Feststellungen handelt es sich bei den gegenständlichen Markierungspflöcken um übliche Hilfsmittel, um Grenzmarken insbesondere in Grenzbereichen von landwirtschaftlichen Nutzflächen zu Wegen zu sichern. Diese zusätzlichen Grenzmarkierungen sind in diesem Bereich insbesondere deshalb erforderlich, weil der Bewuchs auf Feldwegen oft nicht mehr gemäht wird und bodengleiche oder nur gering darüber hinausreichende Grenzmarken verwachsen, sodass die Gefahr besteht, dass sie bei der Bearbeitung der angrenzenden Flächen übersehen und überfahren werden.

Auch nach dem Einschlagen der drei gegenständlichen Markierungspflöcke ist dem Kläger eine landwirtschaftliche Nutzung der gesamten Fläche seines Grundstückes Nr 405 weiterhin möglich. Soweit der Kläger auf gewisse damit verbundene Erschwernisse bei der Bewirtschaftung des Grundstückes Nr 405 verweist, hat diesem Vorbringen bereits das Berufungsgericht entgegengehalten, dass er bei der landwirtschaftlichen Bearbeitung auch bei Nichtvorhandensein der gegenständlichen Markierungspflöcke auf die bestehenden Grenzsteine Rücksicht nehmen und diese entsprechend umfahren müsste. Diese Einschränkungen des Klägers wären daher letztlich nur dann zur Gänze auszuschließen, wenn überhaupt keine Grenzmarkierungen bestünden, was jedoch dem bereits dargestellten berechtigten Interesse des Beklagten zuwiderlaufen würde. Als wesentliche Einschränkung verbleibt nach den Feststellungen der Vorinstanzen letztlich nur der Umstand, dass es dem Kläger nicht mehr möglich ist, mit angehängtem Maishexler oder einem überbreiten (mehr als 2,9 m breiten) Ackerbearbeitungsgerät den Servitutsweg im Bereich des Grenzpflockes Nr 4309 zu befahren. Auch wenn der Umstand, dass der Eigentümer des herrschenden Gutes den mit der Dienstbarkeit verbundenen Vorteil auch auf andere Weise (zB durch die Benützung eines anderen Weges) erlangen kann, nicht zum Erlöschen einer Dienstbarkeit führt (vgl Kiendl-Wendner aaO § 473 Rz 6 mwN), kann in der Berücksichtigung dieser Tatsache durch das Berufungsgericht bei seiner Interessenabwägung nach § 484 ABGB keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden, zumal bei dieser Interessenabwägung auch der jeweilige konkrete Bedarf des Servitutsberechtigten zu berücksichtigen ist. Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Kläger eine seinem landwirtschaftlichen Anwesen näher gelegene Möglichkeit des Zufahrens und Abfahrens zum bzw vom Grundstück Nr 405 über öffentliches Gut hat, die der Kläger nach seinen eigenen Angaben in der Tagsatzung am 5. 10. 2005 auch tatsächlich nutzt. Stellt man diese gegenseitigen Interessen der Parteien gegenüber, zeigt sich, dass ihre Abwägung vom Berufungsgericht jedenfalls nicht in einer korrekturbedürftigen unvertretbaren Art und Weise vorgenommen wurde.

Auch die weitere Ansicht des Berufungsgerichtes, eine geringfügige Störung berechtige den Servitutsberechtigten (nur) dann zur Klage nach § 523 ABGB, wenn die Störung dauernd wirke oder Wiederholungsgefahr bestehe, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl Hofmann in Rummel, ABGB³ § 523 Rz 6 mwN; MietSlg 53.065 ua). Die Beurteilung der Frage, ob diese Voraussetzungen auch im Hinblick auf die Bearbeitung des Servitutsweges durch den Beklagten mit einer Kreiselegge in der Absicht, den Servitutsweg zu sanieren, im konkreten Fall nicht vorliegen, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und bildet daher ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO. Schließlich hat die Prozesserklärung des Beklagten in der Tagsatzung vom 5. 10. 2005 lediglich eine Außerstreitstellung zum Inhalt, wonach dem Kläger das Servitutsrecht am Weg 412 im vollen Ausmaß der Breite dieses Weges von 3 m zum Zwecke des Gehens und Fahrens mit landwirtschaftlichen Betriebsfahrzeugen aller Art zusteht. Ein Anerkenntnis des darüber hinausgehenden Feststellungsbegehrens des Klägers (..... Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens mit Fahrzeugen aller Art, insbesondere auch landwirtschaftlicher Betriebsfahrzeuge und zwar auch zum Wenden derselben auf dem dienenden Grundstück 412.....) durch den Beklagten ist damit nicht erfolgt. Auch der Kläger selbst hat diese Prozesserklärung des Beklagten offensichtlich nicht als Anerkenntnis seines Feststellungsbegehrens verstanden, da die Fällung eines Teilanerkenntnisurteiles von ihm nicht begehrt wurde.

Da der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO bei der Zulässigkeitsprüfung nicht an einen diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO gebunden ist, war die Revision mangels einer entscheidungswesentlichen erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die Revisionsbeantwortung diente der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weil in ihr auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers hingewiesen wurde.

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