3Ob41/07m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer, Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Broinger und Mag. Markus Miedl, Rechtsanwälte in Linz, wider die verpflichtete Partei Werner F*****, vertreten durch Dr. Edgar Hofbauer, Rechtsanwalt in Schwanenstadt als Verfahrenshelfer, wegen Räumung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 6. September 2006, GZ 23 R 150/06g-295, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 9. August 2006, GZ 11 E 1853/06b-291, abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die ersatzlose Aufhebung der Bejahung der Zuständigkeit des Erst- als Rechtshilfegerichts in Punkt 1.) sowie gegen die ersatzlose Aufhebung von Punkt 3.) der erstinstanzlichen Entscheidung richtet, zurückgewiesen.
Im Übrigen wird dem außerordentlichen Revisionsrekurs dahin Folge gegeben, dass der Beschluss des Gerichts zweiter Instanz ersatzlos aufgehoben wird.
Text
Begründung:
Der betreibenden Partei wurde in dem gegen den Verpflichteten geführten Zwangsversteigerungsverfahren der Zuschlag für zwei Liegenschaften erteilt. Das Exekutionsgericht bewilligte ihren Antrag auf Übergabe der Liegenschaften gemäß § 156 Abs 2 EO und auf deren Räumung. In deren Zug wurden die Fahrnisse des Verpflichteten am Sitz eines Transport- und Verwahrunternehmens im Sprengel eines anderen Bezirksgerichts eingelagert.
Das Exekutionsgericht bewilligte am 25. Juli 2006 über Antrag der betreibenden Partei den Verkauf der eingelagerten Fahrnisse des Verpflichteten und übersandte dem Erstgericht im Rechtshilfeweg einen Teilakt mit dem Ersuchen um Durchführung des Fahrnisverkaufs gemäß § 349 EO. Mit Verfügung vom 4. August 2006 übersandte das Exekutionsgericht dem nunmehrigen Erstgericht zum übermittelten Teilakt ein Schreiben der betreibenden Partei samt einem Brief der Ehefrau des Verpflichteten „zur weiteren Bearbeitung zuständigkeitshalber". Zur Begründung wird darin ausgeführt, dass das Verkaufsverfahren nach § 349 Abs 2 EO eine Angelegenheit des Exekutionsverfahrens nach § 18 Z 4 EO sei und nicht mehr zur Räumungsexekution gehöre.
Das Erstgericht sprach aus, es sei zur Durchführung des Verkaufs der geräumten Fahrnisse nur im Rechtshilfeweg zuständig, im Übrigen jedoch unzuständig (Punkt 1.), es sei auch in Ansehung der weiteren Bearbeitung des Schreibens der betreibenden Partei vom 1. August 2006 samt Anhang (Schreiben der Ehefrau des Verpflichteten) unzuständig (Punkt 2.) und weiters (Punkt 3.), der Teilakt des Exekutionsgerichts werde diesem zur Entscheidung über das Schreiben der betreibenden Partei vom 1. August 2006 samt Anhang rückübermittelt; erst nach Bearbeitung dieser Angelegenheit und über neuerliches Ersuchen werde die Durchführung des Verkaufs der geräumten Fahrnisse im Rechtshilfeweg durchgeführt werden.
Allein die Punkte 1.) und 3.) dieses Beschlusses bekämpfte der Verpflichtete mit Rekurs und dem Antrag, auszusprechen, dass das Erstgericht zur Durchführung des Verkaufs der genannten Fahrnisse gemäß Punkt 1.) seines Beschlusses unzuständig und Punkt 3.) ersatzlos aufzuheben sei.
Das Gericht zweiter Instanz, das einen untrennbaren Sachzusammenhang von Punkt 2.) mit den Punkten 1.) und 3.) der erstinstanzlichen Entscheidung annahm, erklärte das Erstgericht als zur Fortführung der Exekutionssache für zuständig und hob dessen Beschluss vom 9. August 2006 ON 291 [ersatzlos] auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten gegen diese Entscheidung ist teilweise mangels Beschwer unzulässig, teilweise jedoch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zu Recht machte der Verpflichtete eine Verletzung der Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Beschlusses durch das Gericht zweiter Instanz geltend, wie noch zu zeigen sein wird.
a) Soweit das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluss auch insoweit aufhob, als das Erstgericht seine Zuständigkeit in Punkt 1.) seines Beschlusses als Rechtshilfegericht bejaht und in dessen Punkt
3.) die Rückübermittlung eines Teilakts an das Exekutionsgericht in Zwangsversteigerungsverfahren verfügt und sein weiteres Tätigwerden von einem neuerlichen Ersuchen desselben abhängig gemacht hatte, ersatzlos beseitigte, gab es dem gegen die erstinstanzliche Entscheidung gerichtetem Rekurs des Verpflichteten zur Gänze statt. Damit fehlt seinem außerordentlichen Revisionsrekurs bereits die formelle Beschwer. Er ist daher nach stRsp in diesem Umfang zurückzuweisen (E. Kodek in Rechberger³ Vor § 461 ZPO Rz 9 mwN).
b) Soweit das Gericht zweiter Instanz die Zuständigkeit des Erstgerichts für die Fortführung der Exekutionssache und damit auch zur weiteren Bearbeitung des Schreibens der betreibenden Partei vom 1. August 2006 samt Anhang bejahte, eine Entscheidung, die ungeachtet der Wortwahl im Spruch abändernd ist, verstieß es gegen die Teilrechtskraft der erstgerichtlichen Entscheidung. Wie vom Gericht zweiter Instanz gar nicht verkannt wurde, focht der Verpflichtete mit seinem Rekurs Punkt 2.) des erstinstanzlichen Beschlusses überhaupt nicht und Punkt 1.) nur insoweit an, als das Erstgericht im eingeschränkten Umfang seine Zuständigkeit bejaht hatte. Der vom Rekursgericht angenommene untrennbare Sachzusammenhang der erstinstanzlichen Entscheidungspunkte liegt in Wahrheit nicht vor. Mangels einer näheren Begründung kann nur angenommen werden, dass nach dessen Auffassung die Bejahung der Zuständigkeit des Erstgerichts als Exekutionsgericht die gleichzeitige Bejahung dieser Zuständigkeit nur als Rechtshilfegericht ausschließt. Dabei wird aber verkannt, dass zwischen den beiden Entscheidungsteilen des Punkts 1.) des erstinstanzlichen Beschlusses ein untrennbarer Sachzusammenhang deswegen nicht vorliegt, weil es selbstverständlich möglich ist, dass ein Gericht seine Zuständigkeit als Exekutionsgericht ablehnt, als Rechtshilfegericht aber bejaht und in diesem Fall der die Zuständigkeit verneinende Teil der Entscheidung unabhängig vom Schicksal der Zuständigkeitsentscheidung im Rechtshilfeverfahren für sich allein Bestand haben kann. Die Unzuständigkeit als Exekutionsgericht schließt ja weder die Zuständigkeit noch die Unzuständigkeit als Rechtshilfegericht aus. Es blieb daher dem sich überhaupt gegen jedwede Kompetenz des Erstgerichts wendenden Verpflichteten unbenommen, allein den bejahenden Teil des Punkts 1.) des erstgerichtlichen Beschlusses zu bekämpfen.
Wie sich weiter aus den Ausführungen im Rekurs des Verpflichteten ON 293 mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, wendet er sich, was Punkt
3.) des erstinstanzlichen Beschlusses angeht, keineswegs gegen die Rückübermittlung des Teilakts an das Exekutionsgericht zur Entscheidung über das in Punkt 2.) bezeichnete Schreiben - insofern könnte ein untrennbarer Sachzusammenhang mit der Verneinung der Zuständigkeit als Exekutionsgericht allenfalls vorliegen -, weshalb ungeachtet des darauf nicht Bedacht nehmenden Wortlauts sowohl der Anfechtungserklärung als auch des Abänderungsantrags im Rechtsmittel in diesen zusammenhängenden Entscheidungsteilen Teilrechtskraft eintrat. Wie aus dem Rekursvorbringen hinreichend deutlich wird, wendete sich der Verpflichtete eben dagegen, dass das nunmehrige Erstgericht in irgendeiner Weise im Zusammenhang mit der Räumung seiner früheren Liegenschaften und dem Verkauf der geräumten Fahrnisse zuständig sei. In den zuletzt genannten Punkten verneinte das Erstgericht auch seine Zuständigkeit für die Bearbeitung des darin genannten Schreibens der betreibenden Partei, weil es, wie aus der Begründung seiner Entscheidung hervorgeht, auch dieses als Teil des Zwangsversteigerungsverfahrens ansah und offenbar hiefür auch keine Zuständigkeit als Rechtshilfegericht anerkennen wollte. Da es zumindest theoretisch möglich ist, dieses Schreiben dem im Rechtshilfeweg abzuwickelnden Verfahren zur Durchführung des Verkaufs der geräumten Fahrnisse einerseits oder dem Zwangsversteigerungsverfahren selbst andererseits zuzuordnen, fehlt der vom Rekursgericht angenommene untrennbare Sachzusammenhang zur Zuständigkeitsentscheidung in Punkt 1.) des erstgerichtlichen Beschlusses. Damit verletzt aber der sowohl Punkt 2.) als auch den die Rückübermittlung des Teilakts an das Exekutionsgericht verfügende oder ankündigende Teil des Punktes 3.) der erstinstanzlichen Entscheidung aufhebende Beschluss zweiter Instanz die mangels Anfechtung durch irgendeine Partei eingetretene Teilrechtskraft. In diesem Umfang ist daher dem außerordentlichen Revisionsrekurs des Verpflichteten Folge zu geben und die zweitinstanzliche Entscheidung ihrerseits ersatzlos aufzuheben. Das führt insgesamt zu dem Ergebnis, dass vom erstgerichtlichen Beschluss als unangefochten die negative Zuständigkeitsentscheidung in Punkt 1.), Punkt 2.) zur Gänze und Punkt 3.) in seinem ersten Teil (Rückübermittlung des Teilakts) als unangefochten und in Rechtskraft erwachsen aufrecht bleibt, im Übrigen aber die ersatzlose Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Gericht zweiter Instanz Bestand hat. Es ist daher auch nicht zu prüfen, ob richtigerweise vom Erstgericht als Rechtshilfegericht von Amts wegen eine bejahende Zuständigkeitsentscheidung im Rechtshilfeverfahren zu treffen war. Klarzustellen bleibt aber, dass die ersatzlose Aufhebung in diesem Punkt durch das Rekursgericht das Schicksal des Ersuchens um Durchführung des Verkaufs der geräumten Fahrnisse im Rechtshilfeweg in keiner Weise präjudiziert.