7Ob240/06d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Astrid R*****, vertreten durch Dr. Michael Mathes und Mag. Laurenz Strebl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Anna S*****, vertreten durch Nemetz Nemetz Rechtsanwalts-KEG in Wien, wegen EUR 42.411,63 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. Juni 2006, GZ 11 R 35/06g-113, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass die Beklagte allfällige Ansprüche gegen das Bauunternehmen (die Ing. Robert R***** GmbH) weder gegen Ing. Robert R***** selbst noch gegen die Klägerin als Erwerberin seines Hausverwaltungsunternehmens geltend machen könne, lässt eine aufzugreifende Verkennung der Rechtslage aufgrund des feststehenden Sachverhaltes nicht erkennen.
Mangels Beauftragung des Hausverwalters mit der Bauaufsicht der Sockelsanierung liegt gar kein „Insichgeschäft" vor, sodass sich die in der Zulassungsbeschwerde angesprochene erste Frage nicht stellt. Dass in der mit der außerordentlichen Revision vorgelegten, ein anderes Verfahren betreffenden Berufungsentscheidung 13 R 69/04v des Oberlandesgerichtes Wien - von anderen Feststellungen ausgehend - ein gegenteiliger Standpunkt vertreten wird, kann daran nichts ändern. Soweit die Revisionswerberin hier gleichartige Feststellungen begehrt und damit von der Tastsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung abweicht, bringt sie ihre Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung: Das Berufungsgericht hat die - gegenteiligen - Feststellungen des Erstgerichtes übernommen (Seite 10 des Berufungsurteils). Auch der Oberste Gerichtshof hat daher davon auszugehen, dass (nicht der Vater der Klägerin als Hausverwalter, sondern) die Ing. Robert R***** GmbH als Generalunternehmerin die Leistungen erbrachte und ihrerseits die B***** GmbH Co KG mit der Bauüberwachung beauftragte.
Das Berufungsgericht hat die Anwendung des § 273 ZPO durch das Erstgericht gebilligt. Die außerordentliche Revision zieht nicht in Zweifel, dass die Verfahrensfrage (RIS-Justiz RS0040282), ob die Voraussetzungen des § 273 ZPO vorliegen, daher nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht nochmals überprüft werden kann (jüngst: 7 Ob 162/06h mwN; Rechberger in Fasching/Konecny² III § 273 ZPO Rz 12 mwN). Sie meint aber, dass das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO durch die Vorinstanzen unrichtig sei, weil das Berufungsgericht die gesetzlichen Verzugszinsen erst ab der Festsetzung der Forderungshöhe im Verfahren (nach § 273 ZPO) hätte zusprechen dürfen.
Ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist, stellt eine Rechtsfrage dar und ist daher mit Rechtsrüge überprüfbar (RIS-Justiz RS0040341 und RS0111576). Den Rahmen bilden allerdings auch hier die von den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen (10 Ob 110/05g; vgl auch: RIS-Justiz RS0040341 mwN). Der vom Richter nach den Ergebnissen der gesamten Verhandlung nach „freier Überzeugung" vorzunehmenden Schätzung (Rechberger in Rechberger³ § 273 ZPO Rz 5) kommt daher grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0040494; RS0121220 = 7 Ob 162/06h mwN; 2 Ob 207/06i). Eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste, vermag der Revisionswerber daher auch hier nicht darzutun:
Im Zuspruch der gesetzlichen Verzugszinsen ist angesichts der schon im ersten Rechtsgang, aber auch im Aufhebungsbeschluss im zweiten Rechtsgang ausdrücklich bejahten Fälligkeit der Klageforderung (andernfalls hätte die Klage schon aus diesem Grund abgewiesen werden müssen), deren Höhe nunmehr unter Anwendung des § 273 ZPO festgestellt wurde, keine derartige Fehlbeurteilung zu erblicken; steht doch außer Streit, dass die Klägerin der Beklagen bereits am 3. 11. 1998 (nachdem die Verwaltung des Hauses mit Ende Oktober 1998 an eine andere Hausverwalterin übergeben worden war) eine Eigentümerabrechnung übermittelte, die (abzüglich des Betriebskostenguthabens) einen Gesamtsaldo von S 696.860,17 (EUR 50.642,80) zu Lasten der Beklagten auswies. Die Beurteilung, dass die Fälligkeit nicht erst mit der Festsetzung gemäß § 273 ZPO eingetreten sei, ist daher nicht zu beanstanden.
Was schließlich die Fassung des dreigliedrigen Urteilsspruches betrifft, in dessen Punkt 2 - also im Rahmen der Verneinung des Bestandes der Gegenforderung - nicht ausgesprochen wurde, dass diese „bis zur Höher der Klagsforderung" nicht zu Recht bestehe, gehen die Ausführugen der außerordentlichen Revision schon deshalb ins Leere, weil das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen klargestellt hat, dass der „die berechtigte Klagsforderung übersteigende Betrag bei der Entscheidung natürlich nicht zu berücksichtigen war" (Seite 10 der Berufungsentscheidung). Es liegt daher nur ein (berichtigungsfähiges) Versehen des Berufungsgerichtes vor. Im Übrigen würde eine Entscheidung über den die Klageforderung übersteigenden Betrag der Gegenforderung jedenfalls nicht in Rechtskraft erwachsen, weil ihr schon gemäß § 411 Abs 1 Satz 2 ZPO die Rechtskraftfähigkeit fehlt; diese ist nach der zitierten Bestimmung nämlich ausdrücklich auf die Höhe der Klagsforderung beschränkt (Rechberger in Rechberger³ §§ 391-392 Rz 14 und § 411 Rz 14; Deixler-Hübner in Fasching/Konecny² III § 391 Rz 40 und Fasching/Klicka in Fasching/Konecny² III § 411 Rz 58). Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).