JudikaturOGH

7Ob25/07p – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. März 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. BW (FH) Christian Josef R*****, vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Maria Cinzia V***** R*****, vertreten durch Dr. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 11. Oktober 2006, GZ 23 R 246/06h-63, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat - zu der allein noch strittigen Frage - zutreffend darauf verwiesen, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ein überwiegendes Verschulden eines der Ehegatten nach § 60 Abs 2 oder 3 EheG nur dann auszusprechen ist, wenn der graduelle Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile augenscheinlich und evident hervortritt und das mindere Verschulden fast völlig in den Hintergrund tritt (RIS-Justiz RS0057325 [T4] = 8 Ob 157/06f; RS0057821; RS0057858). Ob dies der Fall ist und wie die beiderseitigen Verschuldensanteile zu gewichten sind, ist eine Frage des Einzelfalls, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigt (stRsp; RIS-Justiz RS0057325 [T5] = 8 Ob 157/06f; RS0118125; RS0119414; 7 Ob 121/06d; 8 Ob 147/06k).

Eine derartige unvertretbare Fehlbeurteilung ist in der Rechtsansicht, aufgrund der besonderen Umstände diese Falles (wonach insbesondere das fehlende Interesse beider Streitteile, auf den anderen und dessen Interessen einzugehen, zur Zerrüttung der Ehe geführt habe, wobei die seelisch geistige Beziehung, die als Kernpunkt des Wesen der Ehe gelte, von vornherein [nur] schwach ausgeprägt gewesen sei und die körperliche Beziehung überhaupt [gänzlich] gefehlt habe) könne kein überwiegendes Verschulden ausgesprochen werden, nicht zu erblicken und wird in der außerordentlichen Revision gar nicht behauptet:

Die Zulassungsbeschwerde macht nämlich geltend, dass es zur Frage der „Zerrüttungskausalität von Ehebrüchen" an einer einheitlichen und gefestigten Judikatur fehle. Deshalb sei die Wertung der Verschuldenselemente (doch) eine Rechtsfrage von „durchaus" erheblicher Bedeutung, zumal damit „Anknüpfungspunkte für die weitere Rechtsentwicklung" gegeben werden sollten.

Solche sind schon deshalb nicht zu erwarten, weil die Beurteilung der beiderseitigen Eheverfehlungen nach ständiger Rechtsprechung immer nur in ihrem Gesamtzusammenhang im Einzelfall erfolgen kann; dabei kommt es nicht nur auf den Grad der Verwerflichkeit der einzelnen Ehewidrigkeiten an, sondern auch darauf, wieweit diese einander bedingten und welchen ursächlichen Anteil sie am Scheitern der Ehe hatten (RIS-Justiz RS0057223; RS0057303; 8 Ob 47/06d mwN), wobei - wie die Revisionswerberin zugesteht - ein überwiegendes Verschulden nur unter den eingangs dargestellten Umständen anzunehmen ist. Dabei ist im Übrigen nicht allein die Schwere der Verfehlungen, sondern auch maßgebend, in welchem Umfang die Verfehlungen zur Zerrüttung der Ehe beigetragen haben (RIS-Justiz RS0057858 [T2]). Bei der Verschuldensabwägung müssen die beiderseitigen Eheverfehlungen daher ebenfalls in ihrem Zusammenhang gesehen werden, wobei das Gesamtverhalten und nicht eine Gegenüberstellung der einzelnen Verfehlungen maßgeblich ist (RIS-Justiz RS0057303). Die Beantwortung dieser Fragen hängt also regelmäßig von der Gesamtbeurteilung des Einzelfalles ab und stellt damit grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0110837; RS0118125; RS0119414). Nur eine „krasse Fehlbeurteilung", die hier - wie bereits ausgeführt - nicht einmal behauptet wird (die außerordentlichen Revision fordert lediglich eine „richtige rechtliche Beurteilung" und die „richtige Wertung der Verschuldensanteile" im Sinne ihrer eigenen Darstellung, die von jener der Vorinstanzen abweicht), wäre aber vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen (8 Ob 47/06d mwN).

Ein tauglicher Grund für die Zulassung des außerordentlichen Rechtsmittels wird daher nicht aufgezeigt.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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