15Os79/06s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29. November 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Roland als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz K***** wegen Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 StGB aF und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 3. April 2006, GZ 39 Hv 151/05m-308, sowie die Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) des Angeklagten gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auch einen Teilfreispruch enthaltenden angefochtenen Urteil wurde Franz K***** (gemeint:) der Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 dritter und vierter Fall StGB idF BGBl I 2002/134 StGB und der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 2 StGB schuldig gesprochen.
Danach hat er
I. in Walchsee in der Zeit ab Anfang 2000 bis zum 10. August 2003 als Betreiber des illegalen Bordells „dolce vita" mit dem Vorsatz, sich aus der Prostitution anderer Personen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die im Urteil einzeln genannten, in seinem Bordell tätigen Geheimprostituierten ausgenützt, diesen die Bedingungen der Prostitution vorgegeben, wobei er mehrere solche Personen zugleich ausnützte, indem er sie in seinen illegalen Bordellbetrieb vollständig eingliederte, die von den Freiern zu bezahlenden Preise und die Zahlungsmodalitäten sowie Ort und Dauer der jeweiligen Tätigkeit vorschrieb und einen Großteil der Einnahmen aus der Prostitution für sich lukrierte, ohne den Prostituierten adäquate Gegenleistung zu erbringen;
II. um den 20. Jänner 2003 in Walchsee und Kufstein ein falsches Beweismittel in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren gebraucht, indem er eine inhaltlich unrichtige Bestätigung des hiefür abgesondert verfolgten Dr. Michael M***** vom 19. Jänner 2003, wonach Eva C***** in dessen Ordination vorstellig geworden sei und dieser einen fieberhaften grippalen Infekt festgestellt und neben Medikamenten Bettruhe verordnet hätte, der Bezirkshauptmannschaft Kufstein als Fremdenbehörde zum Nachweis dafür im Faxweg übermittelt, dass Eva C***** dem Ladungsbescheid der Fremdenbehörde für den 20. Jänner 2003 keine Folge leisten könne.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen - inhaltlich allein zu Schuldspruch Punkt I. - vom Angeklagten aus Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist zwar rechtzeitig, aber nicht zielführend:
Das angefochtene Urteil wurde dem Angeklagten am Montag, dem 22. Mai 2006 zugestellt (ON 308). Die Frist von vier Wochen zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 285 Abs 1 StPO) hätte demnach mit Ablauf des 19. Juni 2006 geendet. An diesem Tag gab der Angeklagte einen Antrag auf „Fristerstreckung" zur Post, der - auch wenn im Antrag wörtlich von der Frist für die Ausführung der Berufung die Rede ist - schon angesichts der Bezugnahme auf § 285 Abs 2 StPO erkennbar auf eine Verlängerung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde im Sinn dieser Bestimmung gerichtet war (ON 321). Mit Beschluss vom 22. Juni 2006 wurde die Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung von vier auf sechs Wochen verlängert. Am selben Tag wurde diese Entscheidung dem Verteidiger per Telefax bekanntgemacht (ON 324).
Die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (und der Berufung) wurde am 6. Juli 2006, somit rechtzeitig zur Post gegeben: Zwar wäre eine Frist von sechs Wochen ab dem 22. Mai 2006 mit Ablauf des 3. Juli 2006 verstrichen, doch wird gemäß § 285 Abs 3 letzter Satz StPO die Zeit von der Antragstellung bis zur Bekanntmachung des Beschlusses über die Verlängerung - hier als die Zeit vom 19. bis zum 22. Juni 2006 - in die Frist zur Ausführung der Gründe der Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingerechnet.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) wendet sich unter eigener Betrachtung von Zeugenaussagen sowie teils unter urteilsfremden Annahmen von Sachverhaltselementen, insb zu vom Angeklagten getragenen Steuerleistungen, gegen die rechtliche Beurteilung seines Verhaltens als Ausnützen. Er unterlässt damit aber eine an der Prozessordnung orientierte Urteilsanfechung. Aus welchem Grund es von Bedeutung sei, dass er selbst Einnahmen zu versteuern habe, wird in der Beschwerdeargumentation auch offen gelassen.
Abweichend vom festgestellten Sachverhalt, der jedoch nach der Verfahrensordnung bei Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes stets zu beachten ist, wird zudem die konstatierte Willensausrichtung des Angeklagten, sich aus der Prostitution anderer Personen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 29), bestritten.
Nicht zielführend ist im Hinblick auf das im Nichtigkeitsverfahren geltende Neuerungsverbot auch der in der Rechtsrüge gestellte Beweisantrag.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatten Äußerung der Verteidigung, die verkennt, dass sich nur prozessordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerden zur Behandlung im Gerichtstag eignen - bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung und die implizierte Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.