7Ob214/06f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GesmbH, ***** vertreten durch Kosch Partner, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde B*****, vertreten durch Dr. Josef Sailer, Rechtsanwalt in Bruck an der Leitha, wegen EUR 77.136 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: EUR 27.216 sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 31. Mai 2006, GZ 13 R 246/05z-35, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Ob im Hinblick auf die Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der regelmäßig keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0042828; RS0113563). In diesem Sinn ist nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht die Ansicht vertritt, dass sich die Beklagte auf Preisminderung bzw Ersatz von Verbesserungskosten gestützt und nicht die Verbesserung durch die Klägerin begehrt habe. Die Beklagte räumt selbst ein, dass sie sich nicht ausdrücklich auf die Vereinbarung der Ö-Normen bezogen habe. Die behauptete Aktenwidrigkeit, die in einem unrichtigen Erkennen des Vorbringens der Parteien gelegen sein soll, liegt nicht vor (RIS-Justiz RS0041814).
Der Haftrücklass oder die Haftrücklassgarantie sollen nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ganz offensichtlich die Gewährleistungsansprüche sichern und somit auch den Anspruch des Bestellers auf Verbesserung des mangelhaften Werkes (RIS-Justiz RS0018098). Die Haftrücklassgarantie hat grundsätzlich den Zweck, die Auszahlung des vollen Entgelts zu erreichen und dem Erwerber dennoch Sicherheit für erst später, innerhalb der Gewährleistungsfrist entdeckte Mängel zu gewähren (RIS-Justiz RS0018130). Die Beklagte übergeht, dass die Garantiefrist für den Haftrücklass bereits abgelaufen ist und jetzt die vorliegenden Mängel zu beurteilen sind. Dass sie im erstinstanzlichen Verfahren nicht auch den Ersatz von Nebenkosten eingewandt hat, kann sie den Vorinstanzen nicht als Rechtsirrtum anlasten.
Das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers findet seine Rechtfertigung darin, den Unternehmer zu einer geschuldeten Verbesserung seines mangelhaften Werkes zu bestimmen. Wenn aber eine solche Verbesserung nicht oder nicht mehr in Betracht kommt, ist auch kein Recht zur Verweigerung der Gegenleistung anzuerkennen (RIS-Justiz RS0021925). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten deshalb nicht mehr bestehe, weil sie nicht auf Verbesserung beharrt habe, sondern Preisminderung und Ersatz der Verbesserungskosten eingewandt habe, hält sich im Rahmen der Judikatur und ist im Einzelfall nicht zu beanstanden. Von einem Verstoß gegen § 6 KSchG kann keine Rede sein. Weder ist die beklagte Gemeinde Konsument (RIS-Justiz RS0106212) noch findet durch eine Vereinbarung eine Risikoüberwälzung statt.
Es wurden insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).