JudikaturOGH

1Ob236/06x – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. November 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen Gertrude R*****, vertreten durch Dr. Walter Hasibeder und Dr. Josef Strasser, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 19. September 2006, GZ 6 R 238/06a-38, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Frage, ob und in welchem Umfang einer Person auf Grund einer festgestellten Behinderung ein Sachwalter zu bestellen ist, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab, sodass sich regelmäßig eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht stellt (vgl nur RIS-Justiz RS0106744; RS0087091 ua). Eine erhebliche Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste, ist dem Rekursgericht nicht unterlaufen.

2. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen liegt bei der Betroffenen auf Grund ihrer Wahnkrankheit nicht nur eine Verwahrlosungstendenz vor, die äußerst unhygienische Zustände in ihrer Wohnung nach sich zieht. Auf Grund ihrer Erkrankung ist die Betroffene etwa auch insoweit mit der Besorgung ihrer finanziellen Angelegenheiten überfordert, als sie trotz ihrer ausreichenden Einkünfte gerade wegen ihrer paranoiden Wahnvorstellungen ihre Miete nicht (vollständig) bezahlt und die Einbringung einer Räumungsklage durch den Vermieter nur über Betreiben des Erstrichters hinausgezögert wurde. Der aus diesen Umständen von den Vorinstanzen gefolgerte Bedarf nach einer Unterstützung durch einen Sachwalter für die Einkommens- und Vermögensverwaltung sowie die Vertretung vor Ämtern und Behörden kann auch durch die Rekursausführungen nicht ernstlich in Frage gestellt werden.

3. Unzutreffend ist der Vorwurf, die Vorinstanzen hätten allein aus der Unordnung in ihrer Wohnung den Schluss gezogen, die Revisionsrekurswerberin wäre nicht in der Lage, ihre finanziellen Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils selbst zu besorgen und selbst vor Ämtern und Behörden aufzutreten. Soweit sie dem Rekursgericht vorwirft, sich nicht mit den erstgerichtlichen Feststellungen befasst zu haben, nach denen sie wegen ihrer paranoiden Wahnvorstellungen die Mietentgelte nicht bezahlt hätte und eine Räumungsklage bisher nur auf Grund der Bemühungen des Erstrichters abgewendet worden wäre, lässt der Revisionsrekurs jede Ausführung darüber vermissen, inwieweit diese Feststellungen unrichtig sein sollten. Wenn der Revisionsrekurs im Zusammenhang mit den Mietzinsrückständen von „Forderungen und Gegenforderungen" spricht, bleibt völlig offen, aus welchen Gründen die Betroffene berechtigt sein sollte, ihre Mietzinszahlungen zu reduzieren bzw mit Gegenforderungen aufzurechnen. Nachdem die Vorinstanzen übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass die Verunreinigungen und Verwüstungen der Wohnung nicht von anderen Personen verursacht wurden - die Richtigkeit dieser Annahmen kann vom Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht überprüft werden -, bleibt die Schlussfolgerung der Vorinstanzen, die Betroffene bilde sich auf Grund ihrer Wahnerkrankung nur ein, den Mietzins nicht (zur Gänze) zahlen zu müssen, unwiderlegt.

Setzt sich die Betroffene nun auf Grund ihres von Wahnideen geprägten Verhaltens dem ernsthaften Risiko aus, ihre Wohnung zu verlieren, ist die Sachwalterbestellung schon zur Abwendung dieser Gefahr erforderlich.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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